Gun Club – Braunschweig, FBZ


Der Anfang war indianisch: Während die Bühne noch ihre dunkle Seite präsentierte, schickte ein Tonband indianische Trance-Musik in den ebenfalls finsteren Veranstaltungsraum. Dann erschienen vier Rock’n’Roll-Desperados auf der Bildfläche: Brian Tristan alias Kid Congo Powers (Gitarre). Romi Mori (Baß). Nick Sanderson (Schlagzeug) und Jeffrey Lee Pierce (Gesang) – der Gun Club, Ausgabe ’87!

Niemand hatte eigentlich mehr so recht daran geglaubt, daß es der Bluesund Country-Fanatiker Jeffrey Lee Pierce noch einmal schaffen würde, seinem Unternehmen Gun Club einen neuen Lebensschuß zu verpassen. Nach dem grandiosen Album LAS VEGAS STO-RY (1984) waren die Fackeln des Gun Club abgebrannt: Pierce. ein notorischer Einzelgänger, hatte seine Visionen geschultert, um auf dem Fundament eines stechenden Rhythm & Blues‘ den Alptraum des ewigen Außenseiters zu zelebrieren – das Solo WILDWEED (1985) dokumentiert dies vortrefflich!

Live war Pierce weniger überzeugend:

In Begleitung seiner japanischen Freundin Romi Mori taumelte er im Verlauf der WILDWEED-Tour – vom Alkoholkonsum gezeichnet – durch einen Solo-Akt des Selbstmitleids.

Doch Pierce hat es noch einmal geschafft: Zusammen mit seinem Ur-Freund aus frühen Gun Club Zeiten, dem Meister-Gitarristen Kid Congo Powers, warf er sich hinein in das fragwürdige Unternehmen, den Gun Club mit neuem Elan wiederzubeleben. Da stand er nun. weniger aufgedunsen, in schwarz gefärbten Haaren und schwarzer Lederjacke, und begeisterte das Publikum mit einer infernalischen Reise in die tiefen Schluchten des amerikanischen Blues, des Countrybilly und des treibenden Rock’n’Roll. Während Kid Congo seine Voodoo-Gitarre zum Heulen brachte, hallte der Prärie-Wind gepeinigt wider in einem schreienden, wehmütigen Pierce-Gesang, der immer wieder von den Grund-Elementen der amerikanischen Tradition handelt: von der Wanderlust, von Einsamkeit, Unabhängigkeit. Verzweiflung und Außenseiter-Dasein.

Neben den zeitlosen Rock-Klassikern vom ersten Gun Club-Album („Sex Beat“ und „She’s Like Heroin To Me“) spielten Jeffrey und seine Freunde vor allem Musik aus MOTHER JUNO, dem aktuellen und rüden LP-Werk der Band. Die vier Desperados präsentierten sich an einem spätherbstlichen Abend wild, diszipliniert und leidenschaftlich.