John Frusciante: „Die Musik hat mich.“


Der Mann, der aus dem Abgrund kam, hat eine gesün- dere Droge gefunden: ..Ich sehe keinen Grund, warum Ich aufhören sollte, Musik zu machen."

Trotz seiner erst 33 Jahre wirkt John Frusciante, gezeichnet von seinerlangen Heroinabhängigkeit, sogar ein Stück älter als seine drei 41jährigen Kollegen. Sein bevorzugtes Outfit – Holzfällerhemd und verwaschene Jeans zu dicker Hornbrille – verleiht dem ausgemergelten Mann mit den langen Haaren und dem fahlen Teint den Look eines leicht verwirrten Unidozenten. In Interviews spricht er leise und hat eine Tendenz zu epischen Ausführungen und leichtem Nuscheln. Schuld an letzterem ist das neue Gebiss, das ihm in den letzten Jahren in mehreren Operationen verpasst wurde. ..Ende der 90er hatte ich nur noch braune Stummel im Mund, einige Zähne hatte ich schon ganz verloren. Besonders eloquent zeigt sich der Gitarrist, der mit Stella Schnabel, der Tochter des Künstlers Julian Schnabel verlobt ist, in musikalisehen Fragen. Über seine Drogenerlebnisse redet er offen, er erweist sich als weltfremd bei Fragen des Zeitgeschehens. Das, sinniert er bei einem Becher Wasser, interessiere ihn einfach nicht. ..Ich habe meine Musik, und die Musik hat mich. Eine Liebe, die ihn am Leben hält, und ohne die er wohl schlicht verloren wäre.

Du warst ziemlich jung als du damals zur Band gekommen bist…

Ich war gerade 18 und habe ein paar Jahre gebraucht, um mich in der Band zurechtzufinden. Ich war verwirrt und wusste meine Energie nicht richtig zu fokussieren.

Anspielung auf deine Drogeneskapaden?

Es hatte viel damit zu tun, dass ich große Schwierigkeiten hatte, mich in die Band einzufügen. Selbst wenn sie meinen Ideen immer offen gegenüberstanden. Heute ist es ein sehr ausgeglichener Austausch was das Songwriting betrifft – das läuft meistens zu gleichen Teilen zwischen Flea und mir ab. Der ganze Prozess des Musikmachens ist viel interessanter geworden.

Einer der Gründe dafür, dass die Band derzeit auf einem Höhepunkt ist?

Das Gefühl habe ich schon. Und ich persönlich mag das ganz neue Zeug, das wir gerade aufgenommen haben, lieber als alles andere. Wir haben einen richtigen Lauf. Bei der letzten Session ging es eigentlich mehr darum, eine gute Balance in der Band zu finden und so wenig Sachen wie möglich aufzunehmen. Wenn überhaupt, dann eben nur First Takes, also Dinge, die auf Anhieb klappen. Und genau das ist die Richtung, in die wir jetzt gehen, und wir haben etwa ein halbes Album im Kasten.

Was machst du jetzt in der Pause, um abzuschalten?

Ich werde mir ein Studio einrichten. Und dann so viel aufnehmen wie irgend möglich. Ich sehe keinen Grund, warum ich aufhören sollte, Musik zu machen.

Wie wichtig sind dir deine Solo-Alben? Was kannst du darauf machen, was bei den Peppers unmöglich wäre?

Die sind mir sehr wichtig. Und ich habe auch schon wieder eins fertig, das im Januar rauskommen wird. Eine tolle Platte, auf die ich sehr stolz bin. Die Songs tauchen einfach so auf. Momentan herrscht da ein regelrechter Überfluss.

Deine bisherigen drei Alteingänge entstanden doch alle während deiner Auszeit von der Band, oder?

Nein, das erste habe ich kurz vor meinem Ausstieg aufgenommen, es wurde nur viel später veröffentlicht. Und das zweite bestand aus Demos, die noch von der ersten Platte übrig waren. Das dritte habe ich dann gemacht, nachdem ich wieder eingestiegen war. Um ehrlich zu sein, habe ich nur Musik in mir, wenn ich in der Band bin und mich von ihr inspirieren lasse. In der Zeit, in der ich nicht dabei war, sind meine Energien weitgehend in meine Drogenabhängigkeit geflossen. Und Dinge, die man gemeinhin als Zeitverschwendung ansehen würde, von denen ich aber glaube, dass ich viel durch sie gelernt habe. Jedenfalls glauben die Leute immer, dass die Solo-Platten entstanden sind, weil ich nicht in der Band war – dabei war es genau umgekehrt. Das erste ist offenbar beliebt unter Junkies, weil die denken, ich sei auf Heroin gewesen, als ich es machte. Dabei war ich damals definitiv noch clean.