Kritik an neuen ESC-Flaggenregeln: Keine Politische Botschaften mehr

Regenbogen- und Nonbinary-Flaggen werden dieses Jahr auf der ESC-Bühne verboten sein.


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Der Eurovision Song Contest (ESC) steht dieses Jahr unter einer neuen Flaggenregelung, die für Diskussionen sorgt, und Kritik aus der LGBTQ+-Community auf sich zieht. Ab sofort dürfen Künstler:innen auf der ESC-Bühne nur noch ihre nationale Landesflagge zeigen. Politische Flaggen, darunter auch die Regenbogen- oder Nonbinary-Flagge, sind damit tabu.

Die neue Regel: Keine Bühne für politische Botschaften

Die Europäische Rundfunkunion (EBU), die den ESC organisiert, hat die neuen Flaggenrichtlinien eingeführt, nachdem der Wettbewerb im letzten Jahr in Malmö von politischen Debatten begleitet wurde. Besonders der Krieg im Gazastreifen und das Vorgehen Israels wurden heftig diskutiert. Die EBU erklärte, dass sie mit den verschärften Regeln sicherstellen wolle, dass Künstler:innen politische Botschaften auf der Bühne vermeiden.

Das bedeutet konkret: Artists dürfen nur noch mit ihrer nationalen Flagge auftreten. Alle anderen Flaggen – sei es Regenbogen-, Nonbinary- oder Palästinenserflaggen – sind auf der Bühne nicht mehr erlaubt. Verstoßen Künstler:innen gegen diese Regel, drohen Strafen bis hin zur Disqualifikation. Für nicht-binären Künstler wie Nemo, der bei seinem Sieg in der Schweiz 2024 mit einer Nonbinary-Flagge auftrat, ist diese Form des Statements also nicht mehr möglich.

„Das Flaggenverbot ist ein Schlag ins Gesicht“

Für die LGBTQ+-Community ist das natürlich ein Stich. Besonders enttäuscht reagiert Roman Heggli, Generalsekretär von Pink Cross, einer Schweizer Organisation für die Rechte von Queeren. Er sagte via „Spiegel“: „Die Eurovision ist eine Feier der Solidarität und Toleranz und hat eine lange Geschichte der Unterstützung von LGBTQ+-Rechten. Das Flaggenverbot ist ein Schlag ins Gesicht.“

Die EBU verteidigte die Entscheidung mit den Worten von ESC-Direktor Martin Green: „Eurovision braucht keine Flagge, um seine Verbundenheit mit der LGBTQ+-Gemeinschaft zu demonstrieren und zu feiern. Man muss die Show nur sehen, die Künstler:innen sehen und hören, worüber sie singen.“

Das Publikum darf trotzdem Flaggen zeigen

Obwohl die Artists künftig nur noch mit ihrer nationalen Flagge auftreten dürfen, gelten für das Publikum weniger restriktive Regeln. Die EBU präzisierte, dass Besucher des ESC in Basel alle Flaggen mitbringen dürfen, die nach Schweizer Gesetz zugelassen sind. Dies bedeutet, dass auch Palästinenserflaggen im Publikum erlaubt sind. Diese Entscheidung ist eine Reaktion auf Vorfälle aus dem Vorjahr, als mehrere Nonbinary-Flaggen von Zuschauern konfisziert wurden.

Israels Teilnahme bleibt umstritten

Israels Teilnahme am ESC bleibt auch dieses Jahr einer der meistdiskutierten Punkte. In mehreren Ländern, darunter auch der Schweiz, haben sich palästinensische Organisationen und Menschenrechtsgruppen gegen die Teilnahme des Landes ausgesprochen. In einem offenen Brief forderten mehr als 70 ehemalige ESC-Teilnehmende, darunter der portugiesische Sieger von 2017 Salvador Sobral, dass Israel ausgeschlossen werde. Die Teilnehmenden vergleichen Russland mit Israel. Sie argumentieren, dass die EBU mit zweierlei Maß messe, da Russland nach seiner Invasion in die Ukraine vom Wettbewerb ausgeschlossen wurde, während Israel trotz seiner Militäraktionen im Gazastreifen weiterhin teilnehmen dürfe.

Geri Müller, Präsidentin der Vereinigung Swiss Palestine, äußerte via dem „Spiegel“ seine Kritik: „Russland wurde nach seiner Invasion in der Ukraine von der Eurovision ausgeschlossen, aber Israel darf weiterhin teilnehmen, obwohl es im Gazastreifen einen Völkermord begeht.“ Diese Vorwürfe weist Israel seit Beginn des Konflikts zurück. Vertreten wird das Land in diesem Jahr durch Yuval Raphael– eine Überlebende des Hamas-Angriffs am 7. Oktober 2023, bei dem mehr als 1200 Menschen getötet wurden.

„Raum der Freude und des Eskapismus“

Die EBU hält daran fest, dass Israel durch die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt KAN und nicht durch die israelische Regierung vertreten wird. Damit allein schon sieht die EBU keinen Grund, Israel auszuschließen.

Trotz all der politischen Diskussionen und Konflikte betont ESC-Direktor Martin Green, dass der Wettbewerb weiterhin als ein „Raum der Freude und des Eskapismus“ dienen soll. Er erklärte: „Ich hoffe, dass die Eurovision in diesem Jahr das tut, was sie in den vergangenen 69 Jahren getan hat, nämlich zeigen, dass Musik uns zusammenbringen kann. Ich weiß, das klingt kitschig, aber das ist der Zweck des Wettbewerbs.“