Lynyrd Skynyrd in Concert


Drei Tage lang ging es unter der Lichterkugel des jeweils ausverkauften Londoner Rainbow Theaters darum, wer wohl wen schafft: Das englische Publikum Lynyrd Skynyrd oder die wilde Südstaaten-Truppe ihre Zuhörer. Das Spiel endete unentschieden, man war sich ebenbürtig. Die Skynyrds machten auch bei ihrer dritten Zugabe noch nicht schlapp, und die begeisterten Fans gingen bei den schier unendlichen Salven aus drei Gitarren nicht in die Knie. Zu einer ähnlichen Kraftprobe mit dem deutschen Publikum wird es vorerst wohl nicht kommen. Die ursprünglich für März geplante BRD-Tour fiel aus. Warum, wurde nicht klar formuliert. Gitarrist Allan Collins erklärte lediglich, daß die Gruppe nach dem Tourneestreß unbedingt wieder nach Hause müsse?!

Für einen Abend mit Lynyrd Skynyrd, der Südstaatenband aus Jacksonville in Florida, deren größter Hit allerdings „Sweet Home Alabama“ hieß, braucht man auf jeden Fall stramme Hardrock-Kondition. Die Band mit dem Rowdy-Image zeichnet sich selten durch allzugroße Feinfühligkeit aus. Gegen sie ist die Marshall Tucker Band noch ein Ausbund an Sensibilität. Keyboardmann Billy Powell – klassisch ausgebildeter Pianist – wirkte auf der Bühne des Londoner Rainbow zwischen seinen fetzenden Kollegen geradezu distinguiert. Links Bassist Leon Wilkeson, in der Mitte Drummer Artimus Pyle – was wären die Fetzer ohne ihre dynamische Rhythmus-Basis – dann die Gitarristen um Sänger Ronnie Van Zant: Gary Rossington, der „Neue“ Steve Gaines und der Anmacher Allan Collins; sie sind es, die Lynyrd Skynyrd zum eigentlichen Geschoß machen.

Allan, äußerlich ein reiner Unschuldsengel, noch dazu in Weiß, hockt die meiste Zeit an der Rampe, seine Gibson auf den Oberschenkel gestützt und spielt den bösen Buben, den Gitarrenquäler von Jacksonville. Die besseren Sachen, melodiösere Teile, kamen von Gary und Steve, der sich zunächst sehr im Hintergrund hielt, so daß man ihn anfangs leicht als relativ unwichtige Randfigur einschätzen konnte. Mir persönlich hat Steve im Verlauf des Konzertes jedoch am besten gefallen.

So sehr Lynyrd Skynyrd sich als Gruppe durch kompaktes Zusammenspiel auszeichnet: Ihre Hemmungslosigkeit gipfelt leider allzu oft in einer unerträglichen Lärmkulisse. Allerdings ist diese Art von „überschäumendem Entertainment“ äußerst publikumswirksam. Die Engländer flippten völlig darauf aus, und die dortigen Rock-Kritiker waren so begeistert von Lynyrd Skynyrd, daß sich einige von ihnen sogar alle drei Konzerte ansahen. Ich für meinen Teil habe nach einer Stunde das Handtuch geworfen und mir den Rest vom Foyer aus angehört. Wie schrieb doch gleich „Soho Weekly News“: „Die dreifache Gitarrenattacke bei ,Free Bird‘ ist heiß genug, um Jimmy Carters Erdnüsse zu rösten.“