Musik zum Lesen


Musiker-Biographien haben Hochkonjunktur. Zu den besseren Angeboten dieses Genres gehören ohne Zweifel die ansprechend aufgemachten Titel des Moewig-Verlags. Und Autor Jürgen Seibold erweist sich in seinem Portrait von PHIL COLLINS als sorgfältiger Chronist, der mit seinem Archiv bestens umzugehen weiß. Wer also noch nicht zu viel von Phil hat, wird hier nicht enttäuscht (80 Seiten; mit vielen Fotos, 14,95 DM).

Die Musiker-Biographien der Edel Company in Hamburg werden nun auch graphisch immer besser, obwohl sie mit der Moewig-Konkurrenz nach wie vor nicht ganz mithalten können. Siggi Niedergesäß, der in Sl-NEAD O’CONNOR -NOTHING COMPARES 2 U seiner Begeisterung für die irische Sängerin freien Lauf läßt, leistet indes ganze Arbeit: Dieses Portrait ist eine angenehm zu lesende runde Sache (98 Seiten, mit vielen Fotos, 19,80 DM).

Rechtzeitig zum 20. Todestag von Jim Morrison erschien ein aufwendig gestaltetes Buch von Dylan Jones, das den kurzen und intensiven Lebensweg des Dichters und Sängers der Doors nachzeichnet und dabei zu ergründen versucht, warum sich Morrison in seinen Selbstinszenierungen unaufhaltsam selbst zerstörte. JIM MORRISON -IpOET UND ROCKREBELL ist ein sehr schönes Hordcover-Buch im I Großformat mit 181 zum Teil seltenen Fotos (Heyne Verlag Mün-Ichen, ISBN 3-453-04357-X, 192 I Seiten, 48- DM]. Minutiös quält Bill Wyman in seinem Rückblick STONE ALONE den Leser mit ausgedehnten Beschreibungen der frühen Tourneen — leider ist das manchmal etwas dröge, mit immer denselben Auflistungen von zerstörten Sälen, Mossenhysterie und Leibgefährdung der Stones. Es gelingt Wyman nie so richtig, die 60er Jahre lebendig werden zu lassen. Statt dessen jammert er ununterbrochen über seinen Kontostand, beschwert sich über die Intrigen von Mick und Keith und Monager Andrew Loog Oldham und erzählt stolz, wo und wann er wieder einen oder mehrere Hasen vernascht hat. Doch für Stonologen ist Wymans Autobiographie trotz aller Mängel ein Quell neuer Fakten und Erkenntnisse. So wird endlich mal gründlich mit der Mär aufgeräumt, daß Manager Oldham für das Böse-Buben-Irnage der Gruppe verantwortlich war. Im Gegenteil: Er wollte sie in Uniformen stecken, verhübschen und sich an das Beatles-Image anlehnen. Das große Geschäft, das man sich versprach, ist dieser erste der auf drei Bände angelegten Wyman-Story wohl nicht geworden — zu viele Stones-Bücher beschäftigten sich bisher mit den 60er Jahren. Deshalb dürften die weiteren Bände über die 70er und 80er Jahre interessanter werden. Trotzdem sind schon die Original-Zitate das Geld wert — ,Evening Standard“ vom 21. März 1964:

„Sie hoben in der Musikszene Schreckliches angerichtet; sie haben sie an die acht Jahre zurückgeworfen. Als wir unsere Popsänger gerade so weit hatten, daß sie sauber, ordentlich und nett aussahen, da kamen die Stones daher und sahen aus wie Beotmks. Sie haben das Image der Ihpmusik ruiniert.“ (Goldmann Verlag; 42,- DM, 670 Seiten), [comp) Loranne S. Dorman und Clive L. Rawlins haben sich eine Menge Arbeit gemacht und mit LEONARD COHEN – PRO-PHET OF THE HEART die erste und umfassendste Biographie des kanadischen Rockpoeten geschrieben. Für den Cohen-Liebhaber läßt dieses dicke Buch, dos in England bei Omnibus Press erschien, keinen Wunsch offen — allenfalls den, daß irgendwann mal eine deutsche Übersetzung erscheint. Denn das dicke Original kostet im Import stolze 80- DM (über Side by Side, Gottfried-Keller-Straße 10, 6000 Frankfurt 50].