Christiane Rösinger

Lieder Ohne Leiden

Staatsakt/Caroline/Universal

Ihr zweites Soloalbum mit Indie-Chansons als Antithese zu Tavor.

Eine gewisse psychische Stabilität dürfte von Vorteil sein, wenn man sich in dieses Schattenreich der ehemaligen Lassie-Singers-Musikerin begibt. Hier werden Gewissheiten zerbrochen wie Plätzchen, hier werden alle Jokes und Placebos eingesammelt. Diese Platte möchte sich befreien von jeglicher gutmeinender Geschmücktheit, mit der man sich den Alltag über die Jahrzehnte halt irgendwie dekoriert hat. Existenzialismus trifft auf Selbstauflösung – damit einher geht eine gewisse todessehnsüchtige Neugier, was denn wohl übrig bleibt, wenn man einfach alles abzieht. Wirklich nachhaltige Alben verhandeln Extreme – und daran mangelt es Lieder ohne Leiden nicht.

Und wer sich einfach nur freuen möchte, weil er den Wortspiel-Code des Titels knacken konnte (Udo und Jenny Jürgens), dem wird in dem Stück „Was jetzt kommt“ lapidar mitgeteilt: „Eure Zeit, sie liegt so lang zurück, wie die DDR und die Bundesrepublik“. Nicht mal die verschämt von den Eltern übernommene Eigentumswohnung wird einem gegönnt. Verständlich, denn die Herausforderung des (prekär-bohemistischen) Existenzialismus ist das Weiterleben im Angesicht des Nichts. Nicht das Weiterleben im Angesicht der Eigentümerversammlung. Death Metal wirkt weniger vernichtend als manche dieser Songs, die erneut Andreas Spechtl von Ja,Panik inszeniert hat. Minimalistisch, karg, eindringlich. Ein sensationelles Album in all seiner beiläufigen Apokalypse.