Die Toten Hosen – Opium Fürs Volk

Kirche, Kindesmißhandlung, Drogen und die Vergänglichkeit des Seins. Selbstgefälliges Spießbürgertum und bittere Beziehungskrisen. Willkommen in der apokalyptischen Welt der Toten Hosen. Mit ihrem zehnten regulären Album verabschieden sich Campino und Co. endgültig von ihrem Image als liebenswerte Chaoten. Zynisch, drastisch und ungeschminkt sagen sie, was Sache ist. Und das nicht zu knapp. Abenteuerland ist abgebrannt. Die Gesellschaft ist durch und durch krank, der Mensch als Individuum fehlgeleitet durch falsche Werte. Starker Tobak. Versöhnliche, geschweige denn fröhliche Momente: Fehlanzeige. Stattdessen beherrschen beißender, ätzender Spott und desilluionierte Reflexionen die Szenerie. Was nicht heißen soll, daß die Hosen nun in selbstmitleidiges Gegreine verfallen wären. Im Gegenteil. Campino rotzt seine bemerkenswert punktgenauen Texte mit beeindruckender Energie heraus. Unterstütz wird er dabei von einem Soundspektrum, der mit dem fröhlichen Party-Punk der Vergangenheit nur mehr marginal zu tun hat. Da tauchen plötzlich derbe lndustrial-Elemente (‚XTC‘) und taumelnde Dub-Anleihen (‚Ewig währt am längsten‘) auf, kommen Klavier, Mundharmonika und Akkusitkgitarre zum Einsatz. Was die Wirkung des rheinischen Rauschgifts nur noch erhöht. Und erst nach einer guten Stunde darf dann doch noch mitgegröhlt werden. Nämlich beim Lied von den ‚Zehn kleinen Jägermeistern‘, dem legitimen Nachfolger zu ‚Eisgekühlter Bommerlunder‘. Doch selbst da bleibt einem das Lachen im Hals stecken.