Kiev Stingl – Ich wünsch‘ den Deutschen alles Gute

Dies ist nun Kiev Stingls drittes Album und soll ihm die laut Presse-Info „längst verdiente Anerkennung“ bringen. Sein letztes Album „HART WIE MOZART“, war eine ausgefeilte Platte voller ansprechender Ideen und guter Songs. Leider schaffte sie nicht den erhofften Erfolg. Auch das dem „Spiegel“ nachempfundene publicityträchtige Cover (wurde später sogar zwangsweise aus dem Verkehr gezogen) half da nichts.

In den vergangenen zwei Jahren hat Stingl sein Konzept radikal verändert: Die gesamte Begleitband wurde ausgewechselt. Anstatt kurzer, straffer Songs bringt er jetzt lange Monologe; ebenso hat sich seine Neigung zu deutsch/englischer (auch Französisch kommt vor) Zwitterlyrik ausgebreitet. Um es vorweg zu nehmen: ICH WÜNSCH‘ DEN DEUTSCHEN ALLES GUTE scheint mir um einiges schwächer als sein Vorgänger. Es beginnt schon mit den Texten: Stingls „Stream of Consciousness“-Lyrik hatte immer dann ihre besten Momente, wenn sie sich auf Wesentliches beschränkte und eine klare Songstruktur hinter sich hatte. Wirklich kurz faßt er sich diesmal nur auf zwei Songs, von denen einer, „Anonyme Damen und Herren“, als gelungen bezeichnet werden kann. Der andere, „Gott euer neuer Herr“, wirkt dagegen textlich wie musikalisch völlig überzogen und kitschig.

Dieser Gefahr weiß Stingl auch (und besonders) innerhalb der langen Songs nicht recht aus dem Wege zu gehen. Nach mehrmaliger Durchsicht der (beiliegenden) Texte scheinen mir die Banalitäten doch zu überwiegen (I’m the Deutscher/you all wish dead/’but I wish Deutschland give me a head… die toten Illusionen des dritten Geschlechts/und du gehst lächelnd weiter von links nach rechts“). Seine Versuche im Englischen wirken oft dilettantisch, auf Schlagworte beschränkt. Manchmal glaubt man zu wissen, woher er die Zeilen hat. Über die Band kann man nicht viel sagen, sie hält sich meist im Hintergrund. Oft scheint mir auch die Abmischung etwas unglücklich. Besonders die Monolog-Passagen leiden unter dem viel zu leisen Schlagzeug und dem überlauten Synthi. So bleibt die Musik übermäßig statisch und Stingls Gesang wirkt in dieser Monotonie oft verloren.

Vielleicht täte Stingl ein anderer Produzent mal ganz gut, vielleicht braucht er etwas bessere Anleitung. Jedenfalls sollte es mich wundern, wenn ICH WÜNSCH‘ DEN DEUTSCHEN … seinen Status nennenswert verbessern sollte.