Wäre die Aufnahmequalität nicht so unverschämt gut, könnte man das Stretch-Album für die Wiederveröffentlichung einer ambitionierten Blues-Rock-Kreuzung der Endsechziger halten. Und das ist beileibe kein Zufall. Es gab nämlich mal eine Zeit, da unser heutiger Rock-Topseller Mick Fleetwood samt Truppe trocken Brot kauen mußte, und zwar 1973, drei Jahre nach dem Ausscheiden Peter Greens und dem Tod der Ur-Fleetwood-Mac. In jenen finsteren Tagen stellte Mac-Manager Clifford Davis eine Schwindelgruppe zusammen, die er als die einzig echten Fleetwoods durch Amerika hetzte. Der exzellente Gitarrist der skrupellosen Absahne-Tour hieß Kirby, stammte aus der gerade kaputtgegangenen Curved Air und verdankte seinem Job die Notwendigkeit, sich intensiv mit dem Peter-Green-Erbe zu befassen. Genau das hört man bis heute, da er Leadgitarrist und Chefkomponist der Gruppe Stretch ist. Klar doch, daß auch auf ihrem dritten Album eine Hommage an den seligen Meister vertreten ist: der ironischresignierte „Showbiz-Blues“ aus dessen Abschiedsalbum „Then Play On“. So intensiv wie Green kann diese Bottleneck-Ballade zwar keiner bringen, aber besser als Stretch wird sie auch niemand nachspielen. Womit fast alles über das handwerkliche Format der Gruppe gesagt wäre: hier sind vier Perfektionisten am Werk.

Neben Kirbys kompetenter Gitarre besticht sowohl Eimer Gantrys bluesig-rauhe, voluminöse Stimme als auch die einfühlsame, bisweilen fast solistisch agierende Rhyth-Section (Steve Emery, bass und Jeff Rieh, Drums). Neben sechs ausnahmslos hörenswerten Eigenkompositionen stehen vier Fremdtitel: der erwähnte „Showbiz-Blues“, Derringers „Rock’n’Roll Hoochie-Coo“, Russells „Living On The Highway“ und (als einzig wahrlich überflüssiges Re-make) der Stones Stadard „Let’s Spend The Night Together“. Mit diesem „Lifeblood“ wird Stretch sich viele Freunde machen. Noch ein Tip, damit sich niemand verwirren läßt: „Beat Your Brain For Entertainment“ war der Titel des vorangegangenen Albums. Der gleichnamige Song auf der vorliegenden LP ist neu.