U2 – The Best & The B-Sides Of 1980-1990 :: Erdig

Es gab Zeiten, lange lange bevor die Superglamour- High-Tech-Lawine der „Zoo TV“-Tour über die Welt hereinbrach und der „PopMart“ seine gigantischen Pforten öffnete. Zeiten, in denen die vier wackeren Iren Bono(voc), The Edge (git), Adam Clayton (b) und Larry Mullen Jr. (dr) sich selbst nicht ohne Stolz als „garage band from garage land“ bezeichneten. Zeiten, in denen sie als „Retter des Rock“ gehandelt wurden. Als sie auf schlichten, schwarzen Bühnen mit der obligatorischen weißen Flagge gegen Krieg, Apartheid und Drogenmißbrauch agitierten und Chefcharismatiker und Messias Bono aus seiner Religiosität keinen Hehl machte. Wo ist sie nur geblieben, die Nähe zum einfachen Fußvolk, das Bodenständige, die „street credibility“, für die man diese Iren dereinst verehrte? Längst weht ein anderer Wind im Hause U2. Und der scheint die – verständliche – Devise mit sich zu bringen: Geld ist fein und wir wollen möglichst viel davon haben. Jetzt jedenfalls unterschrieben U2 einen Deal mit der PolyGram-Tochter Island – bei der sie seit nunmehr 18 Jahren unter Vertrag sind -, der die Veröffentlichung von drei „Best Of‘-Alben der Band zum Gegenstand hat. Und dafür haben sie der Plattenfirma unter Androhung, die gewinnversprechenden Scheiben sonst bei einem anderen Label zu veröffentlichen, das schlappe Sümmchen von gut 50 Millionen Dollar aus den Rippen geleiert. Einmalig in der Musikbranche, denn solche Summen wurden bisher nur von Madonna oder Michael Jackson erreicht, dann allerdings für neues Material. Sei’s drum. Die hier vorliegende erste der drei Platten mit dem Titel THE BEST OF 1980-1990 erschien zeitgleich mit dem bereits angekündigten „PopMart‘-Video und ist eine Zusammenfassung der Hits aus besagten Rock ’n‘ Roll-Kreuzritterzeiten der Band, als diese sich noch in erster Linie als Erbe von Elvis, den Beatles und den Rolling Stones verstand. Von den vierzehn Hits der Singles-CD kann man die meisten noch auswendig mitsummen, so präsent sind Evergreens wie „I Still Haven’t Found What I’m Looking For“ oder“Pride“ auch heute noch. Allein acht der Stücke stammen aus dem 1987er Mega-Erfolgsalbum THE JOSHUA TREE übrigens der schnellstverkaufte Longplayer der britischen Geschichte, der außerdem weltweit über 15millionenmal über die Ladentische ging und seinem bluesrocklastigen Nachfolger RATTLE AND HUM. Mit lediglich sechs Stücken (u.a. „I Will Follow“, „New Year’s Day“ und „Sunday Bloody Sunday“) sind die sechs vorangegangenen Alben allerdings etwas unterrepräsentiert. Zusätzlich zu der „normalen“ BEST OF… hat sich die Plattenfirma ein besonderes Schmankerl einfallen lassen. Bereits eine Woche bevor die „Nur“-Singles-Compilation auf den Markt kam, erschien die Limited-Edition-Version, die eine zweite CD mit 15 B-Seiten enthält. Für Hardcore-U2-Fans und Alleskenner, die schon aus Prinzip jede einzelne Veröffentlichung ihrer Lieblinge im Plattenschrank haben, birgt freilich auch diese Scheibe weder Neues noch Überraschendes. Aber für all die anderen gibt es hier Unterhaltsames, Interessantes und Seltsames im unverwechselbaren, ursprünglichen U2-Sound. Neben der mit Bubenstimme gejaulten, uralten Studioversion von „Trash, Trampolene And The Party Girl“ gibt es mit „Bass Trap“ und „Endless Deep“ zwei Instrumentals mit WDR-Pausenfüllerqualitäten. Aber eben auch durchaus A-Seiten-taugliche Stücke wie das eingängig rockige „Spanish Eyes“, sphärisch leidenschaftliche Balladen wie „Walk To The Water“ und „Luminous Times“ oder unsägliche Coverversionen wie „Unchained Melody“ und „Everlasting Love“ (dessen sich neben Popsternchen Sandra und der Boygroup Worlds Apart schon Dutzende andere Bands bedient haben). Nicht zu vergessen die ’87er Ursprungsversion der aktuellen Single „Sweetest Thing“, die bereits zu JOSHUA TREE-Zeiten entstand, aber aus Zeitmangel nicht den Weg auf die Platte schaffte. Mit ihrem guten, alten, erdigen Sound schrieben die damals noch cowboybehuteten Rebellen aus Dublin ein Stück Musikgeschichte.