Therapie


Wenn es nach den Schwarzmarktpreisen geht, haben es Therapy? geschafft. Bis zu 60 Mark wurde für den Eintritt in die ausverkaufte Hamburger Markthalle verlangt – nicht schlecht für eine Newcomer-Band aus Irland. Nach einem musikalisch bestenfalls durchschnittlichen Auftakt durch die Doughboys bewies das Trio um Sänger und Gitarrist Andy Caims denn auch, daß es mit seinem Album „Troublegum“ zu Recht im oberen Drittel der Charts steht: Therapys? Show, durch keinerlei optische Gimmicks aufgemotzt, präsentierte Hochgeschwindigkeits-Entertainment pur. Die drei verzettelten sich dabei nicht in selbstverliebten Aktionismus, sondern lieferten 70 spannende, energiegeladene Minuten.

Wobei die Frage, in welche stilistische Schublade das Trio wohl zu stecken sei, vollkommen zweitrangig ist: Therapy? live, das ist, trotz düsterer Texte um Lebensüberdruß und Isolation, unverhohlenes Flirten mit handverlesenen Vorbildern aus Power-Pop, Metal und Rock. Erstaunlich subtil und variantenreich agierte das Rhythmusgespann aus Drummer Fyfe Ewing und Bassist Michael McKeegan – Powerplay mit Hirn. Und wer nach dem ersten Drittel glaubte, daß Therapy? den umwerfenden Druck nicht mehr steigern könnten, sah sich getäuscht: Die Band verschrieb sich zu keinem Zeitpunkt seelenlosem Tempogebolze, sondern setzte zusehends auf geschickt inszenierte Dynamik.

So trägt Andy Caims eine Strophe von „Halfway“ a capella vor, um sich gleich darauf das Gitarrenriff von „Unbeliever“ zu schnappen und eine neue Runde Stagediving einzuläuten. Nach „Turn“, dem vorläufigen Höhepunkt, und der düsteren, zum Teil nur mit Baß und Schlagzeug unterlegten Joy Division-Hommage „Isolation“ schalten Therapy? noch einmal einen Gang hoch. In „Nowhere“ läßt sich Andy Caims zum Abschluß sogar zum einzigen, genau vier Takte währenden Gitarrensolo des Abends hinreißen, ehe ein grandioses „Lunacy Booth“ – mit lautstarker Unterstützung durch die schwitzende, restlos begeisterte Menge – den Schlußpunkt setzt. Therapy gelungen – Patient tobt!