Travis – She’d just kill me!


Beim zünftigen Musikhörspielchen mit Travis gibt's eins auf die Nuss für Radiohead. So weit, so gewagt. Aber warum hat Fran Healy Angst vor Patti Smith?

Lange nicht gesehen/gehört: Travis sind wieder da. Vier Jahre nach ihrem letzten und vier Stunden vor ihrem diesjährigen München-Gastspiel (ME berichtete) hatten Fran Healy und Andy Dunlop Zeit für ein Treffen mit zwei Laptops und einer Garnitur Einstöpselboxen.

Hans Zimmer „Spider Pig“

andy: Ah! Spider Pig zum Aufwarmen! Großartig.

Genau. Und sofort geht’s ans Eingemachte …

Radiohead „Weird Fishes/Arpeggi“

fran: Ist das die neue Radiohead?

Ja. Wie findest du die?

fran: Ich finde, dass Nigel Godrich wie üblich einen fantastischen Job gemacht hat. Sein Sound, seine Produktion ist fantastisch, ohne Nigel würde es Radiohead so nicht geben. Aber ich sehe nicht den Sinn, Alben zu machen, die ausgedehnte Jams sind, über die er (Thom Yorke, Anm. d. R.) dann drübermurmelt. Es sollte sich endlich jemand ein Herz fassen und ihm sagen: Bitte, schreib einen verdammten Song! Du bist nämlich ein toller Songwriter. Und ein toller Sänger. Aber das hier ist für mich einfach… (äfft Yorkes leiernden Gesang nach) „Woozywooziwoo…“ Fuck off! Ich hab’s satt.

Warst du früher Fan?

fran: Ich war riesiger Radiohead-Fan. Weil sie großartige Songs schrieben und er SANG. Heute ist es ihm offenbar peinlich, eine gute Melodie zu schreiben. Er macht lieber diese kleinen Soundcollagen. Den Leuten gefällt’s, klar, weil Radiohead zu mögen eine Lifestyle-Entscheidung ist: „Ich mag Radiohead“, „Ich lese dieses und jenes Magazin“, „Ich trage diese und jene Kleidung“, „Ich bin diese und jene Art Mensch“.

Wann ging die Enttäuschung los?Mit Kid A?

fran: Nein, kid a war toll, damals. Aber dann fingen sie an, diese gleiche Platte immer wieder zu machen.

Babyshambles „Delivery“

Andy: Ah. (nickt) Stephen Street ist gut dann, in Bands mit einem recht chaotischen Sound Zusammenhalt reinzubringen. Ich finde, das neue Album ist in sich viel stimmiger als das erste, ich war positiv überrascht. fran: Klingt irgendwie wie… (singt den Specials-Song „Ghost Town“) „This town is Coming like aghost town…“

andy: Er hat ja offensichtlich viel Talent, aber ich fand es spezieller mit Carl. Ich mag die Libertines-Platten lieber als alles von den Babyshambles zusammen.

Graham Nash „Another Sleep Song“

fran: (nach 0,5 Sek.) Ah! „Another Sleep Song“!

Ich hab mir das Album (wild talbs, 1973) gekauft, nachdem ich in deinem Web-Tagebuch diese Geschichte gelesen hatte, wie du als Fan dieses Songs vor einem Konzert zufällig Graham Nash getroffen hast und er das Lied dann abends mit euch coverte.

fran: Ja, genau! Weißt du, worum’s in dem Song geht? Barbra Streisand. Nash war mit ihr befreundet, Anfang der 70er. Sie war der größte Star der Welt und saß zu Hause und schaute fern, und es ging ihr schlecht. Wenn man berühmt wird, läuft man Gefahr, sich und das, was einen zu einem selbst macht, zu verlieren. Als ich den Song zum ersten Mal hörte – das war etwa, als wir 12 memories fertig hatten – ging es mir selber nicht gut, und das Lied war wie ein Rettungsring. Und auf Tour trafen wir Nash zufällig in Manchester, und er willigte ein, es abends beim Konzert mit uns zu spielen. Kennst du die Version? Warte mal… (stöpselt die Boxen in seinen Laptop; wir hören Travis & Graham Nash, ,Another Sleep Song“, Manchester, März 2004; hier: www.youtube.com/watch?v=U_zdRo6ZGDY) Ohne Probe!

NeilYoung „OrdinaryPeople“

fran: Ist das Neil Young? Das klingt toll. Es erinnert mich an das hier… (stöpselt wieder seinen Laptop an; Patti Smith singt los, ,fow longyears, nothing to say, thoughts impure in Guantanomo Bay …“)

fran: (stolz) Noch unveröffentlicht! Ich an der Gitarre!

Ist das dieser Guantanamo-Bay-Song, den sie über Murat Kurnaz geschrieben hat?

fran: Ja. Sie hat ihn auf Eis gelegt. Du darfst das bitte nie und nirgends spielen oder ins Netz stellen. Bitte!

Wie kams denn zu der Zusammenarbeit?

fran: Patti und Band waren in London, in einem Studio bei mir in der Nähe. Der Engineer ist ein Freund von mir und rief an, „hast du Lust, rüberzukommen und auf einem Song mit Patti Gitarre zu spielen?“ Ich kochte schnell das Abendessen fertig, schnappte mir meine Gitarre und ging rüber, um die Ecke. Patti ist eine sehr nette Frau, aber BITTE spiel diesen Mitschnitt niemals irgendwo. Sie würde mich umbringen. Sie würde mir die Eier abreißen und damit Würfel spielen.

Mando Diao „Misty Mountain“

fran: (Zeit vergeht) Keine Ahnung, wer das ist.

Das sind Schweden. Sie sind in Deutschland ziemlich groß, aber ich glaube, im UK kennt sie kein Mensch.

fran: Keine Ahnung. Name?

Mando Diao?

andy: Nie gehört. Ganz okay.

fran : Hm. Klingt für mich auch sehr nach Libertines.

Scott Walker „Cossacks Are“

fran: (nach einer Sekunde) Ah, super. Scott Walker.

andy: Von der letzten? Die hab ich noch gar nicht gehört. Ich verdaue immer noch tilt .

fran: the drift! Eine grandiose Platte, ich liebe sie.

Wer ist euch lieber, der „neue oder der „alte Scott?

fran: Ich wurde ihn ja gern die Sachen von früher, die großen Arrangements mit Streichern und allem, mit dieser Art von neurotischen Avantgard-Vaudeville-Melodien verbinden hören. andy: Man ist mit den alten Sachen aufgewachsen, drum sind mir die auch noch immer lieber, die sind ein Teil von mir. Aber die neuen sind eine tolle Ergänzung. Wenn man dieses Zeug hört it takesyou places.

David Bowie „Neuköln“

Ich habe vorhin „Travis Fran Interview“ gegoogelt. Und ca. 37 Prozent der Suchergebnisse sagten: „Fran Healy zieht nach Berlin!“ Ist das so?

fran: Ja, genau, das stimmt. Ist das Eno?

Ja, Eno und Bowie.

fr an: All, das ist so gut, was? Eno ist so großartig.

Möchte man an einen Ort ziehen, der so klingt?

fran: Aberja!

andy: Klar. Kennst du das Album no pussyfooting von Eno und Robert Fripp? Grandios. Das höre ich jeden Abend im Tourbus zum Einschlafen. Es hüllt dich ein und spült dich weg. »Mvww.travisonline.com