Vic Chesnutt mit Lambchop & Calexico


So muß man sich das wohl vorstellen: Auf der Veranda seines Häuschens bei Athens, Georgia, sitzt Vic Chesnutt im Rollstuhl, die Klampfe auf den Knien, und schreibt seine kleinen akustischen Geschichten. Geschichten darüber, was er in den letzten Jahren erlebt hat, auf seinen Reisen durch Amerika und Europa. Skizzen trostlosen Kleinstadtlebens ebenso wie Impressionen einer amerikanischen Großstadt, Liebeserklärungen an alte Hotels und seine Frau Tina und abstrakte Abrechnungen mit seiner Behinderung. „The Salesman And Bernadette“ heißt Chesnutts jüngste Platte – die erste, die er nicht mit seiner Scary Little Skiffle Group eingespielt hat. Dominierten auf früheren Werken noch spartanische Instrumentierungen und einsam verzerrte Gitarren das Klangbild, so hat sich der Songwriter seine Kompositionen diesmal von einer satten Country-Big Band unterfüttern lassen: von Lambchop aus Nashville nämlich – die in der Bundesliga des glaubhaften Alternative-Folk/Country nur knapp hinter Chesnutt rangieren. „Es war fantastisch!“, schwärmt Vic im Interview, „Ich kam mit meinen fertigen Songs ins Studio, und wir jamrnten einfach drauflos. Es gab nichts zu erklären, für manche Tracks brauchten wir nur einen einzigen Take.“ Der Mann, der infolge seiner Querschnittslähmung nicht mal ein Plektron festhalten kann, benutzt zum Gitarrespielen einen speziellen Radler-Handschuh, in den das Plektron eingenäht ist. Um so erfreulicher für Chesnutt, daß er sich diesmal ganz auf seinen Gesang konzentrieren konnte: „Ich hatte mich um nichts mehr zu kümmern. Da war einfach nur dieser gewartige, schmierige Sound, und ich trällerte meine Liedchen darüber. Posaunen, Fiddles, Piano und alles.“ Seine ‚Liedchen‘ wird Amerikas wichtigster Songwriter nun im stimmigen Dreierpack auf Deutschlands Bühnen bringen. Neben seiner Luxus-Backingband Lambchop hat Chesnutt nämlich auch seine Freunde von Calexico, (John Convertino und Joey Burns = zwei Drittel von Giant Sand) mit ihrem staubigen Wüsten-Folkrock mitgebracht. Macht summa summamm: LoFi-Songwriterkunst in Slow-Motion vom, äh, „Feinsten“.