Wir waren mal Stars


Wenigstens ein bisschen Gänsehaut. Wenn Indie-Musiker erfolgreich werden, können sie klingen wie Band of Horses.

Manchmal läuft es eben so mit Lieblings-Indie-Bands. Sie hauen atemberaubende Debüt-Alben raus, aus dem Stand, liebevoll aufgenommen, wunderschön. Live spielen sie in winzigen Clubs und die Freude über das Privileg, dabei zu sein, ist mindestens genauso groß wie die heimliche Genugtuung: die anderen, die die Band nicht kennen, sind bemitleidenswerte Ahnungslose. Häufig jedoch reicht es unseren Lieblingsbands irgendwann nicht mehr, nur für die Musiknerds da zu sein. Die neuen Platten klingen dann plötzlich massenkompatibler und größer, Fans der ersten Stunde befürchten einen Rutsch in den Mainstream. So lief das bei The Shins, Adam Green, Kings Of Leon. Die Liste ist lang – und muss vielleicht um Band Of Horses erweitert werden.

Deren neues Album Infinte arms, ihr erstes auf einem Major-Label, klingt verdächtig nach Massenkompatibilität. Die Zerbrechlichkeit alter Songs wie „Detlef Schrempf“ oder „No One’s Gonna Love You“ ist verschwunden – für sie wäre auch gar kein Raum. Pompös und zugekleistert klingt die neue Platte bisweilen, nach Classic Rock und Stadion. Da ist es nur folgerichtig, dass Band Of Horses im Sommer mit Pearl Jam auf Tour gehen – und Infinte arms beim Major Columbia erscheint.

„Ich habe nicht das Gefühl, dass der Major-Deal einen Einfluss auf die Musik hatte“, wiegelt Ryan Monroe ab. Der Keyboarder ist seit der Tour zum ersten Album „Everything All The Time“ festes Bandmitglied, er singt die Oberstimme zu Ben Bridwells einzigartigen Vocals. „Bei Columbia haben wir erst unterschrieben, als das Album fast fertig war.“ Die Band wollte autark bleiben und ging daher immer wieder auf Tour, um das Studio zu bezahlen.

Woher kommt also dieser neue, opulente Sound? „Wir haben weite Teile des Albums ohne unseren Produzenten Phil Ek aufgenommen. Wo er reduziert hätte, haben wir draufgelegt“, erklärt er und lacht. „More is more. Das war eine künstlerische Entscheidung. Wir haben jedenfalls keinen Gedanken daran verschwendet, wie Infinte arms klingen muss, damit es so viele Leute wie möglich erreicht.“

Mainstream und ein wie auch immer gearteter Indie-Begriff sind ohnehin längst keine Unterscheidungskriterien mehr für die Qualität von Musik, weiß auch Monroe: „Ben und ich stammen aus dem gleichen kleinen Dorf in South Carolina. Classic Rock hatte einen starken Einfluss auf uns, wir sind damit aufgewachsen. Darauf zu verzichten, nur weil es das überholte Muster der Abgrenzung so vorsieht, erscheint uns nicht sinnvoll.“

Wer nun aufgrund der massentauglichen Musik der Band den Rücken kehrt, könnte etwas verpassen. Auf dem Konzert am Abend des Interviews spielt die Band ihre neuen Songs deutlich reduzierter – und siehe: da ist sie wieder, die Gänsehaut.

Albumkritik S. 87

www.myspace.com/bandofhorses