Elvis Costello


Ein Costello-Konzert ist ein Erlebnis an sich, denn die Gastspiele des unentwegten Kunstschreibers der Pop-Aristokratie sind rar. Trotzdem war das grüne Rund vor der Hamburger Stadtpark-Bühne nicht ausverkauft. Ein Indiz vielleicht, daß der Meister ein wenig den Kontakt zum Publikum verloren hat, war dies doch immerhin sein einziges Konzert in Deutschland.

Nichtsdestotrotz war Costello blendend aufgelegt und überspielte anfängliehe leichte Soundprobleme souverän. „Accidents Will Happen“ — in der Tat, denn auch seine feinen „Rüde 5“-Musiker verhaspelten sich in der Anlaufphase mehrfach, aber warmgespielt schnurrte das filigrane und doch kraftvolle Räderwerk in zügiger Kompaktheit. Mit Marc Ribot an der Leadgitarre und dem exzellenten Larry Knechtel an den Keyboards flankierten Costello inspirierte Solisten, die in den komplexen Harmonien seiner Songs völlig zuhause waren. Sein bewährter Drummer Pete Thomas und Bassist Jerry Scheff perfektionierten einen Gruppensound, der lockere Spontaneität in die festgefügten Arrangements zauberte.

Diese waren natürlich keine notengetreuen Album-Versionen, sondern mitunter launige und verzerrte Neudeutungen. „The Other Side Of Summer“ hatte Costello dylanesk/folkig eingeebnet, „Watching The Detectives“ hingegen mit gewagten Tempowechseln spröde ausgebremst. Überhaupt kennzeichnete das spielerische Element sein gesamtes Konzert, das so gar nichts von gewohnten „Performances“ und „Shows“ hatte, sondern fast wie ein Workshop wirkte. Ein Drahtseilakt bei einem Open-Air-Konzert, doch es spricht für Costeüos Fingerspitzengefühl, daß ihm trotz der lockeren Zügel sein Publikum nie entglitt.

Selbst bei hierzulande heiklen Country-Exkursen riß das Band nicht. „Almost Blue“, immer am Rande quälender Sentimentalität, machte Costello am Piano zu einem exemplarischen Schmachtfetzen, den er mit süffisanter Ansage und millimetergenauer Interpretation penibel auf den Punkt brachte.

Von der nostalgischen Melancholie ließ er sich gottlob aber dann doch nicht davontragen, sondern zog schnell das Tempo wieder an. „Veronica“ vom SP1-KE-Album, eine von Costellos besten Nummern aus jüngerer Zeit, erleichterte das Auditorium spürbar, denn unter freiem Himmel herrschen eben andere Bedürfnisse vor als in der Intimität eines verräucherten Clubs. Doch auch dies hatte Costello wohlweislich berücksichtigt und gab gegen Ende des offiziellen Sets noch einmal kräftig Gas, wobei Marc Ribot endlich auch mal seine explosive Seite solistisch zeigen durfte.

Nach 90 Minuten ist bei einem gutaufgelegten Elvis Costello natürlich keineswegs Schluß. Und bester Laune war der Meister wirklich zu Recht, denn er hatte heute die Erwartungen sehr elegant befriedigt.