Killing Joke

Hosannas From The Basements Of Hell

Industrial-Post-Punk: Chefdemagoge Jaz Coleman predigt die Apokalypse. Den Soundtrack dazu liefert er gleich mit.

Es gibt Dinge, die will man gar nicht wissen. Etwa, was Killing Joke in den vergangenen 18 Monaten in diesem finsteren Kellergewölbe namens „Faust“-Studios im Zentrum von Prag getrieben haben. Überall stapeln sich leere Weinflaschen und Zigarrenstummel, sämtliche Fenster sind abgehängt, der Raum nur durch ein paar Kerzen erhellt, und der Produzent hat schon nach wenigen Wochen aufgegeben. Also haben Geordie, Paul Raven und Jaz, die Urgesteine des britischen Postpunk, ihr neuestes Werk im Alleingang eingespielt. Und genau so klingt es auch: Eine Low-Budget-Produktion, bei der die metallischen Stakkato-Riffs alles überlagern. Baß und Schlagzeug sind regelrecht assimiliert, und der Gesang steht so weit im Hintergrund, daß man die Texte kaum versteht. Ein Klang-Chaos aus dem Keller der Hölle. Wie passend. Denn auf ihrem ersten Studioalbum seit drei Jahren klingen die Berufsanarchisten so fies und brutal wie zuletzt auf EXTREMITIES, DIRT AND VARIOUS REPRESSED EMOTIONS: kein bißchen alt und angestaubt, aber auch kein bißchen zugänglich und kommerziell. Die neun Stücke präsentieren sich vielmehr monoton, martialisch und bombastisch. Hymnisches in der Schnittmenge aus Wagner. Metallica, Ministry und Prong – Industrial-Post-Punk goes Größenwahn. Titel wie „Walking With God“, „Lightbringer“ und „Judas Goat“ sind knallharte Haßtiraden auf die Well des 21. Jahrhunderts. Auf Korruption, Krieg, religiösen Fanatismus und multinationale Wirtschaftsmogule. Worüber sich Coleman, studierter Musiker und passionierter Weltenbummler, richtig auskotzt: als Prophet, der Tod und Teufel bringt, die Endzeit und das Höllenfeuer beschwört und keinen verbalen Stein auf dem anderen läßt. Coleman ist (zum Glück) nicht Bono und wird allein deshalb nicht zur UNO eingeladen und bleibt mit seinem Aggro allein auf weiter Flur.

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