Norwegische Bierschädel dreschflegeln jahrzehntelang abgelagerte Riffs. Lassen in die Härte erwartbare Melodie-Rocker wie „Hell Toupee“ tropfen. Machen einen auf erigierten Cock-Rock-„Alpha Male“. Konfrontiert man das neue Turbonegro-Album mit progressiver Rockhoffnung, wird die Erwartung inklusive der Vorurteile voll erfüllt. Irritierend ist nur die Frage, wieso es ausgerechnet diese Band geschafft hat, mit der Turbojugend eine Fangemeinde zu initiieren, die sich in selbst organisierenden lokalen Unterabteilungen mittlerweile weltweit festgesetzt hat. Tatsächlich weltweit: Adis Abeba, Nairobi, Kabul, Anchorage – das sind eigenwillige Death-Punk-Außenposten. Erstaunlich für einen anscheinend brav nachgebauten Rock-Reimport aus dem Norden. Man muss sich auf die Oberflächlichkeit dieses Albums einlassen, um zu ahnen, dass die Band ein Gesamtkonzept geworden ist. Wahrscheinlich braucht man nicht einmal an die Make-up-beschichteten Gesichter und das Denim-Leder-Styling zwischen Jean-Paul-Gaultier-Homoerotik und Heils Angels denken. Die Ramones zogen in den Blitzkrieg, Söldner Iggy Pop wollte suchen und zerstören, und Turbonegro wollen gleich im ersten Song die Atombombe über Oslo abwerfen. Stupidität als Rock-Pose ist zwar so frisch wie der Kalte Krieg, aber diese Band richtet sich ziemlich kess in ihrer eigenen Zeitrechnung ein. Sie sind Epigonen aus Leidenschaft, Parodisten aus Überzeugung. Die Frage „What Is Rock?!“ wird im letzten Song mit so ziemlich allem zwischen Anus, Kotze. Puff und Truckin‘ beantwortet. „We save rock’n’roll!“ Eigene Größe will behauptet werden. Ihre Verehrung ist komisch, ihr Witz bierernst. Dass Gitarrist Euroboy raw Power als eines seiner Lieblingsalben bezeichnet,schlägt sich im Kolbenstampfender Gitarrenriffs und den Sirenensoli nieder wie Kondenswasser. Die Endabmischung mit John Agnello hat dem Album allerdings hörbar die Oberfläche mit dem Schwingschleifer bearbeitet. Das schafft zwar eine Einheit aus elf Songs, hat aber die Splitter entfernt, die man sich bei einem solchen Album eigentlich mit masochistischem Genuss einzieht. Genau das ist aber, um wieder an die Oberfläche durchzustoßen, das Ziel der Truppe und global die kleinste gemeinsame Verständigungsbasis. Auch wenn sie sich auf den ersten Blick als bizarre musikalische Folterknechte positionieren: Turbonegro sind Partyhupen.

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