The Lounge Lizard


Natürlich waren viele da, um ihn zu sehen. John Lurie, Chef und Saxophonist der Lounge Lizards, ist dank seiner intelligenten und witzigen Filmprojekte auf dem besten Wege, eine Kultfigur der Intellektuellen zu werden. Der Image-Transfer Leinwand/Jazz-Bühne jedenfalls ist ihm bravourös geglückt, und so hören der verspielt/vertrackten Musik der unterkühlten „Salonlöwen“ weitaus mehr Leute zu, als sich meistens für zeitgenössischen Jazz und Verwandtes interessieren.

An diesem lauen Sommerabend verliefen sich die Lizards-Fans zwar etwas zwischen den Bäumen und Büschen, aber es mag ohnehin die Frage sein, ob Luries Kompositionen das richtige für Freiluftveranstaltungen sind, denen ja immer etwas Beiläufiges anhaften. Und so nebenbei sollte man die sorgsam ausgefeilten Stücke der Lounge Lizards nicht hören. Ihr neues Album VOICE OF CHUNK war zwar noch nicht in den Läden, doch „in concert“ schon präsent.

Wenig allerdings hat sich am Stil von Luries Kapelle geändert: Von seinem skizzenhaften Saxophon-Intro bis hin zu ihrem Reißer „The Punch And Judy Tango“ gab es bewährte Kost zu genießen. Die artistischen Breaks, die komplexen Arrangements, die wohlgesetzten Soli – John Luries streng organisierte Schein-Anarchie entpuppt sich in zunehmendem Maße als Korsett. Der Zwang, immer „frei“ und originell sein zu wollen, kann auch ganz schön einengen.

Fast ironisch dann, daß die meiste Stimmung aufkam, als Erik Sanko, zwar intellektuell verhäkelt, saftige Heavy-Dance-Lines auf seinem Baß produzierte, die von Drums und Percussion knallig verstärkt und zu einem stinknormalen Rhythm & Blues-Ausbruch wurden. Sowas kommt eben an. John Luries Vorliebe für europäische Kunstmusik, für Kurt Weill/Paul Dessau und für collagenhaften Umgang mit Jazzigem bremst jedoch stets allzu grobe Albernheiten. Ironie und Distanz ist seine Sache. Selbst die lockere, wie zufällige Marktplatz-Atmosphäre einiger Stücke kommt aufs Fingerschnippen von Lurie, genau, präzise, kühl. Alle Soli blieben dagegen blaß und wirkten seltsam deplaziert. John Lurie hat diese Band bereits zum Höhepunkt ihrer Möglichkeiten geführt: Jetzt sollte er sich etwas einfallen lassen. Oder ganz konsequent sein und erstmal wieder ein paar Filme drehen.