11 Fakten über Scott Walker


1 Er war ein Frühstarter. Geboren am 9.1.1943 als Noel Scott Engel in Hamilton, Ohio, zeigte er früh Talent als Schauspieler und Sänger. Als Scotty Engel trat er in TV-Shows au f, eine 19 57 veröffentlichte Single fragte passenderweise: „When 1s A Boy A Man?“ 1959 zog seine Mutter mit ihm nach Los Angeles, Scott lernte Baß und arbeitete als Sessionmusiker.

2 fr war ein Einzelkind. Brüder hatte Scott Engel nur auf Zeit. Anfang der 6 oer formierte er die Band The Dalton Brothers, aus derbald The Walker Brothers wurden; Scott und die Kollegen John Maus und Gary Leeds nahmen ihre fiktiven Brüderbandnachnamen an; bei Scott blieb er am nachhaltigsten hängen.

3 Er war ein Teeniestar. 1965 siedelten die Walker Brothers nach London um, um einerseits Army und Vietnamkrieg zu entgehen und andererseits .größer als die Beatles“ (Leeds) zu werden. Zwischen ’65 und ’67 hatten sie mit Spector-esk bombastisch produzierten Balladen von Bacharach & Co. eine Reihe von Hits, geprägt von Scotts unverwechselbarem Bariton. Kurzzeitig soll der britische Walkers-Fanclub mehr Mitglieder gehabt haben als der der Beatles.

4 Er machte sich unsichtbar. Der Starrummel {„The blonde Beatle! „) war bald zuviel für den introvertierten Scott. Dunke Sonnenbrillen wurden zum Markenzeichen, was den Hipster-Status des europhilen Existentialisten, Camus-, Pasolini- und Bergman-Verehrers noch beförderte. Über die Jahre zog er sich immer mehr zurück, seit Ende der 70er gilt er als enigmatisches Quasi-Phantom; äußerst rare aktuelle Photos stellen in Fankreisen veritable Sensationen dar.

5 Ein Bunny wies ihm den Weg. Es hat auch Vorteile, ein umschwärmter Popstar zu sein. 2000 erinnerte sich Walker im „Guardian“ an eine wegweisen de musikalische Begegnung. „ig6$ging ich mit einem Playboy-Bunny aus, einer Deutschen. Siespielte bei sich zu Hause ständig Jacques Brei Eines betrunkenen Abends hörte ich zu und dachte: Das istgroßartig! Sie übersetzte die Texte für mich. Ich war gerade drauf und dran, mein erstes Soloalbum zu machen, und dachte: Ich muß diese Songs haben‘.“ Walkers Versionen der grimmig-romantischen Brei-Songs wurden Klassiker, der Belgier zu einem bestimmenden Einfluß und einer essentiellen Inspiration für Walker in seiner produktivsten Zeit als Songwriter Ende der 60er.

6 Er croont in einer anderen Liga. Mitte 1967 lösten sich die Walker Brothers auf. Scott stürzte sich in seine Solokarriere, nahm – ein Perfektionist ä la Brian Wilson – grandios orchestrierte Alben mit immer mehr Eigenkompositionen auf, die seinen Ruhm als „thinking man’s crooner“ begründeten, sein altes Publikum aber zunehmend überforderten. scoTT2ging noch auf Platz eins der UK-Charts. 1969 erschien das heute legendäre Meisterwerk SCOTT4, erstmals mit ausschließlich eigenen Songs – und flopte, ebenso wie der Nachfolger’TILTHE BAND COMES IN (1970).

7 Er saugte in den JOern. Desillusioniertunddem Alkohol anheimfallend, ließ sich Walker von seiner Plattenfirma, die ihn als pflegeleichten Neo-Sinatra vermarkten wollte, für planlose Alben voller Standards einspannen (den CD -Release dieser Platten hat er untersagt). 75 kam es zur Walker-Brothers-Reunion mit weiteren zweieinhalb schlechten LPs – und einem Lichtblick: Walkers vier Kompositionen auf dem letzten Walkers-Album NITE FLIGHTS (1978) folgten seiner Idee, „neue Poesie mit einer Art Schönberg-Orchestration zu verbinden „, und gelten als Schlüsseltracks etwa für den Sound der Post-Wave-New-Romantics.

8 Erstreifte die 80er. Die aus heutiger Sicht nachgerade bizarr anmutende Tatsache, daß Billy Ocean bzw. Mark Knopfler auf zwei Songs von Walkers einzigem 8oer-Jahre-Album clim ate of hunter (1984) gastierten, ist die letzte nachweisbare Spur von Pop-Zeitgeist im CEuvre Walkers, das sich jetzt radikal eigenwillig von jeglichen Konventionen verabschiedete.

9 Er will, daß wir uns Mühe geben. Nach elf Jahren Absenz erschien 1995 tilt; ein Mahlstrom von einem Album, irgendwo zwischen Oper und Experimentalmusik, abweisend, abstrakt, furchteinflößend, über dem Walkers Bariton schwebt wie der Weltgeist. Ob er wolle, daß die Leute sich an dem Album abarbeiten, fragte ihn Richard Cook vom Magazin „Wire“. Walker: „Ja, sonst hätte ich was zur Hintergrundbeschallung gemacht. (…) Ich habe hart an dem Album gearbeitet, sie sollten auch daran arbeiten.“

10 Er scheint seinen Arbeitsrhythmus gefunden zu haben. 2006. Wieder elf Jahre später (in denen Walker zumindest marginal in Erscheinung trat, u. a. mit Soundtrack-Beiträgen, zwei Songs für Ute Lemper, als Kurator des Meltdown-Festivals in London und als Produzent von Pulps WE love Life): das neue Album THE drift. Das laughing stock zu TILT’s SPIRIT OF eden. Musik wie ein Film von Matthew Barney, unendlich faszinierend und abstoßend seltsam zugleich. Man darf gespannt sein auf 2017.

11 Bald wird man mehr erfahren über den „etegan-I I tesfen£/ns/e£//erderWe(f“(LinernoteszumR.e-Release von CLIMATE of hunter). Noch 2006 erscheint Stephen Kijaks Dokumentarfilm „30 Century Man: The Music Of Scott Walker“ (produziert von Walkers prominentestem Fan David Bowie), in dem nicht nur Preis und Ehr‘ singende Jünger wie Jarvis Cocker, Thom Yorke, Johnny Marr und Bowie auftreten, sondern eben auch: der Meister höchstselbst.

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