Wolfgang Ambros – Selbstbewusst

Der Junge lernt immer mehr dazu. Vielleicht liegt’s daran, daß er weite Reisen hinter sich hat („I hob heit an Freind besucht, der wohnt in Belize), oder daß er sich mühselig aus einer Beziehung gequält hat („Geh von mir“) – eins steht fest: Wolfgang Ambros tritt tatsächlich selbstbewußt auf. Und zwar derart, daß er in der Lage ist, ganz persönliche Erfahrungen und Emotionen ohne falsche Scham zu erzählen.

Solche Geschichten, die das vermaledeite Leben nun mal schreibt, passieren letztlich jedem, nur muß sich auch jeder damit auseinandersetzen, oder, wie geschehen, anderen deutlich machen. Ob das morgens um halb drei in der Kneipe ist, wo J g’spia, daß i verlief“ oder ob Ambros sinniert, „es muß doch möglich sein, daß man z’ammen bleibt und trotzdem a jeder seinen Weg geht“, das kommt einem ziemlich bekannt vor und man findet sich wieder.

Mir sind diese Art von Erfahrungen übrigens auch lieber als die Selbstmordhistörchen vom „Zentralfriedhof“, ich bin halt mehr fürs Lebendige. Lediglich die Geschichte vom Herrn Minister, der den Blues hat und am Ende die allerletzte Konsequenz zieht, gefällt mir, angenehm schwarzer Humor. Was mir noch gefällt, ist die Ehrlichkeit der Ambros’sehen Lieder, manchmal mit einem erträglichen Häppchen Philosophie gewürzt. („Das Selbstbewußtsein ist manchmal nur eing’lrorn und kummt zum Leb’n, wann man’s aultaut.“) Falls Ihr ein musikalisches Jahrhundertwerk erwartet, bleibt auf dem Teppich, dafür bekommt Ihr sauber solides Handwerk. Ein einziges Mal wünschte ich mir vom Schlagzeuger Nowak etwas mehr Phantasie, er hämmert beim „Minderwertigkeitskomplex“ derart gleichförmig, als habe er denselben. Als Ausgleich wummert dafür Pichlers Baß schön und satt.

Die Geschichten des Herrn Ambros sind in fröhlichem Bunt auf der Innenhülle abgedruckt. Vielleicht liegt’s am Charme des Dialekts, aber warum zum Teufel gibt’s in Deutschland kaum jemanden, der so lieb, humorvoll und eben selbstbewußt Verse schmiedet?