Beck


Berlin, Passionskirche

Wenn sich die Stimme de „Generation X“ in einer Kirche erhebt, wird es selbst Atheisten warm ums Herz.

Rappelvolle Gotteshäuser sind ein seltenes Bild, auch am Karsamstag. Und ein so jugendliches Publikum auf den Emporen und in den Seitenschiffen würde jeden Pfaffen entzücken – die Mitt-/Endzwanziger sind gekommen, ihrem Säulenheiligen zu huldigen. Und als Beck Hansen pünktlich um acht im Backsteinbau der Kreuzberger Passionskirche vor den Altar tritt, kann er sich denn auch eine Bemerkung nicht verkneifen: Er werde sich Mühe geben, hier eine schöne Messe hinzulegen, hoho. Spricht’s, schnappt sich eine der drei bereitstehenden Akustischen und klampft sich erstmal durch drei Stücke seines aktuellen Albums „Sea Change“. Verhaltener Folk, unprätentiös vom Hocker in die andächtige Stille hinein gespielt. Was gut in eine Billardkneipe im Mittelwesten passen würde, entfaltet im Ambiente des romanischen Gemäuers eine eigenartige Wirkung. Ein bisschen wie Budweiser aus der Champagnerflöte.

Es ziert den Künstler, dass er sich dieser Komik bewusst ist. Höflich stellt er seinen Schlagzeuger vor, einen Synthesizer namens Roland, und testet unter dem Gelächter des Publikums die Akustik des Gewölbes. Zuletzt sei er mit 15 oder 25 Leuten in Berlin gewesen, plaudert er zwischen zwei Songs, wie er überhaupt viel, ziel- und pointenlos plaudert an diesem Abend. So sympathisch sein leicht linkischer Charme ist, so tadellos und konzentriert gerät seine musikalische Darbietung. Beck schlendert zum Piano, spaziert zur Quetschkommode, besucht seine Steelguitar – und streift so en passant durchs „American Songbook“, von obskuren Country-Klassikern bis zu einem entspannten „Nobody’s Fault But My Own“.

Die klanglichen Feinheiten, auf die es hier ankommt, sind allerdings nur zu unterstellen, nicht wirklich zu hören den tückischen Klangverhältnissen der Passionskirche sind schon die Eels und Lambchop zum Opfer gefallen, und auch Becks Mischer hat mit dem sakralen Hall zu kämpfen. In einem Gebäude, dessen Akustik aufs gesprochene Wort angelegt ist, verkommen elektronisch verstärkte Töne eben allzu leicht zu einem indifferenten Brei. Das Publikum indes ist ergeben, so andächtig es lauscht, so druckvoll klatscht es ihm denn auch Applaus – ganz gleich, ob es eine Coverversion von Hank Williams oder, vor den Zugaben, Becks klassischen Ur-Hit „Loser“ serviert bekommt. Wer die Stimme einer Generation ist, der kann auch mit ihr alt werden.

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