„“Blue Velvet“


von David Lynch David Lynch, Spezialist für kranke Situationen und eindringliche Atmosphären, beginnt „Blue Velvet“ mit zutiefst amerikanischen Vorgärten in schreienden Postkarten-Farben. Mitten in Hollywoods liebstem Ort des Grauens, in einer gesichtslosen, kleinbürgerlichen Vorstadt, inszeniert er ein leidenschaftliches Drama um einen nebulösen Mordfall.

Jeffrey Beaumond (Kyle MacLachlan) findet ein Ohr und stellt auf eigene Faust Nachforschungen an. Die Tochter des Inspektors. Sandy Williams (Laura Dern, ein wunderbarer Backfisch), hilft ihm, die Sängerin Dorothy Vallens (Isabella Rosselini, herrlich neurotisch) zu beschatten. Die schüchterne, pubertäre Liebe, die sich zwischen Jeffrey und Sandy entspinnt, steht im krassen Gegensatz zur aggressiven Erotik und Leidenschaft, die sich zwischen Dorothy und ihm entwickelt.

Die Sängerin ertappt Jeffrey, als er sich in ihr Apartment geschlichen hat, und zwingt ihn zur Liebe. Gleichzeitig wird sie von Frank Booth (genial bösartig: Dennis Hopper) erpreßt und regelmäßig vergewaltigt. Jeffrey beschattet Booth. gerät in seine Gewalt — und ein Strudel aus psychotischen Über-Reaktionen, sadistischer Wollust und erotischer Verwirrung reißt die Figuren mit.

Dabei ist die Handlung fast unwichtig. Das Faszinierende an „Blue Velvet“ (so heißt auch ein Song, den Dorothy jeden Abend im Nachtclub singt) sind die fast abartigen Spannungen und Grausamkeiten zwischen den Figuren. Lynch balanciert immer am Rande des Surrealismus und überdreht die Skurrilität der Personen und Situationen fast ins Schmerzhafte. Mit „Blue Velvet“ kommt Lynch seinem Low Budget-Meisterwerk „Eraserhead“ wieder recht nahe: Das Dominierende ist die beißende, fast unerträglich verschrobene Atmosphäre, die beim Zuschauen einen seltsamen Nachgeschmack hinterläßt wie eine exotische Delikatesse.