Der Chef-Kritiker


Er ist der Mann hinter Pink, Avril Lavigne und OutKast: "LA" Reid, Boss von Arista Records, spricht Klartext.

Er ist ein smarter, stets elegant gekleideter Typ. Keiner, den so leicht etwas aus der Fassung bringt. Doch spricht man Antonio „LA“ Reid auf die Tatsache an, dass in der krisengeschüttelten Musikindustrie zunehmend Leute an den Schalthebeln sitzen, die ihre Qualifikation in BWL-Seminaren erworben haben, verliert er die Contenance: „Bill Gates verkauft mehr Software als irgendjemand sonst in der Welt. Warum? Weil er selbst ein Software-Freak ist, selbst Software kreiert hat! Aus dem gleichen Grund sollte an der Spitze eines Labels auch jemand stehen, der selbst weiß, wie man Musik hervorbringt“, wettert Reid und untermauert seine These mit konkreten Beispielen: „Jimmy lovine, der Chef von Eminems Label Interscope, ist selbst Produzent. Mein Vorgänger bei Arista, Clive Davis ist Produzent-ein Musikmensch aus tiefstem Herzen,genau wie Berry Gordy, der Erfinder von Motown.“

Reid weiß, wovon er spricht: Der 46-jährige gelernte Schlagzeuger aus Cincinnati hatte zusammen mit seinem Partner Kenneth „Babyface“ Edmonds als Songwriter und Produzent seit 1983 mehr als 4O Nummer-eins-Hits.

Seit zwei Jahren steht Reid an der Arista-Spitze und hat in dieser Zeit mit Acts wie OutKast, Pink und Avril Lavigne spektakuläre Erfolge gelandet – der Mann ist also in einer starken Position, wenn er der über Umsatzrückgänge durch Downloads und CD-Brennerei klagenden Branche vorwirft, ihre Krise durch mangelnde Qualitätskontrolle erheblich mitverschuldet zu haben:

„Es gibt einfach zu viel Musik – diese Industrie wirft viel zu viel Müll auf den Markt. Und da sagen die Konsumenten natürlich: ‚Fuck You! Wir brauchen nur das gute Zeugs!‘ – und das verkauft sich ja nach wie vor!“ Reid sagt, er verbringe den größten Teil seiner Arbeitszeit noch immer mit den Kreativen. Am Vorabend seines Treffs mit dem ME hat er „in Barcelona viele Stunden lang mit Pink im Hotelzimmer gesessen und geredet. Neue Songs spielt sie mir immer in meinem Büro vor. So eng ist das Verhältnis zu all unseren Künstlern.“