Fury In The Slaughterhouse


Sechs Freunde sollt ihr sein. Das zumindest haben sie geschafft. Doch haben die aufrichtigen Rocker aus Hannover mit den deutlich sperrigeren Songs ihres aktuellen Albums HOOKA HEY! auch sechs Richtige getippt? ME/Sounds-Lottofee Martina Wimmer hat da ihre Zweifel.

Kaffeebecher, Küche, sympathisch ungestylter Altbau. Mit drei Musikern und einer Journalistin ist die Raumkapazität erschöpft. „Wir brauchten dringend ein größeres Büro, aber finde mal was Gutes mit Etagentoilette, das man billig als Büro nutzen kann, weil es als Wohnung keiner haben will,“

seufzt Managerin Marion. Fury In The Slaughterhouse funktioniert immer noch als freundlich organisierter Familienbetrieb, die stattliche Anzahl 50 000 verkaufter JAU!-LPs 1990 hat da nicht viel verändert. Gitarrist Thorsten trocken: „Plötzlich kannst du halt die Miete bezahlen.“ Schließlich haben die sechs Hannoveraner lange genug darauf gewartet, jahrelang Stadt und Land mit selbstfinanzierten Aufklebern und Plakaten bepflastert und natürlich mit ihrer ersten LP den klassischen Vertriebs-Horror durchlitten, bevor JAU! endlich den Startschuß zum landesweiten Erfolg gab.

Ein Jahr später, nach einem heißen Tour-Sommer und einer harten Herbstklausur, zeigt sich Fury In The Slaughterhouse mit dem Nachfolger HOOKA HEY! merklich gereift: Zwischen die eingängigen Melodien, die charmanten Hooklines, in das gewohnte Poprockfolkkonzept haben sich ungewohnte Zutaten eingeschlichen. Samples und Keyboardklänge, Rockabilly und Ethnotrommeln – die Spielwiese der Musik ist für Fury zum weitläufigen Experimentierfeld geworden. „Bei dieser LP hat Gero, unser Keyboarder, zum ersten Mal richtig mitgearbeitet und viele Ideen auf der Platte sind von ihm,“ erklärt Thorsten. „Deswegen sind auf HOOKA HEY wohl mehr Samples als Akkordeonklänge.“ Für Gero, den munteren Entertainer der entspannten Gesprächsrunde, liegt der Vorteil auf der Hand: Jetzt muß ich auf der Bühne wenigstens dieses Akkordeon nicht mehr so viel ‚rumschleppen. Da machste dir ja das Kreuz kaputt.“

Wunderwelt der Technik, nicht ohne Tücken. Denn wo Konstraste und Brüche als neugewonnenes Stilmittel den Zuhörer beanspruchen, könnte mancher junger Fury-Fan (und derer gibt es nicht wenige) die Ohren mangels Mitsing-Melodien lieber zumachen. Die Band sieht das anders: „Mir ist das egal, wenn wir damit jemand vor den Kopfstoßen, dann soll der seinen Kopf da nicht so einseitig hinhalten“, brummt Gero, und Thorsten meint etwas versöhnlicher: „Ich finde, wir haben auch mit diesem Album unseren Pop-Job ganz gut erfiillt, und wenn außerdem noch ein paar Sachen mit drauf sind, die die Leute überraschen, finde ich das nur gut.“ Neue Wege sind bisweilen beschwerlich, für Fury In The Slaughterhouse waren sie die einzig gangbaren, zur allseitigen Zufriedenheit. „Wir waren für dieses Album in einer ganz anderen Situation. Ah wir von den ganzen Festival-Gigs nach Hause kamen, hatten wir gerade mal einen neuen Song, also haben wir uns drei Monate im Übungsraum eingebunkert, zehn Stunden jeden Tag, wie auf Schicht, und haben uns gemeinsam die Songs aus dem Hirn gepreßt. HOOKA HEY ist tatsächlich der aktuelle Stand der Band, keine Reproduktion der letzten drei Jahre.“

Soviel Unabhängigkeit ist mittlerweile selten im Land, und wenn Fury In The Slaughterhouse mit Gönner Jim Rakete zum Videodreh diesmal über den großen Teich flogen, gehört es schon fast zum Konzept, „daß halt alles wieder ganz spontan fitnktionierte. Rein in die Kneipe, 50 Dollar auf den Tresen, .Dürfen wir hier drehen?‘ und die Sache war im Kasten. “ Auf die Art und Weise dreht das Team Rakete/Fury in vier Tagen drei Videos, und „das einzig Teure war eigentlich nur der Flug. „

Erstaunlichste USA-Erfahrung des Band-Ausflugs: „Du machst den Fernseher an, und die Scorpions promoten irgendein Mega-Konzert in einem Riesenstadion. Verdammt nochmal, die kommen schließlich auch nur aus Laatzen.“