Grace Jones – Lion Country Safari Park, Kalifornien


Das Lion-Country-Safari-Gelände, anderthalb Stunden außerhalb von Hollywoood, bietet die passende Umgebung für einen wilden Abend: Tiere, Vergnügungsparks, Dschungelburger und Spaß aul der ganzen Linie. Heute abend gibt es das Umfeld für „Exotica“ ab, einer Disco-Extravaganz mit Grace Jones als Hauptattraktion.

Wenn du eine Vorstellung von der Staffage haben willst, dann stell dir alle Typen aus „Cruising“ und „Can’t Stop The Music“ auf einem Haufen vor. Es ist zwei Uhr morgens. B 52’s, The Beat und Devo sprengen den üblichen Disco-Rahmen. Die Gestalten scheinen alle in original Village-People-Outfit zu stecken (Hollywoods stereotyper Schwulen-Look). Sie schlängeln sich durch das Freigelände und sorgen dafür, daß es heute abend mehr nach Amyl Nitrat als nach Wildkatzen riecht.

So gegen drei Uhr lassen grelle Spotlights die Menge aufmerken. Von einem Gabelstapler blickt Grace Jones aus 15 Meter Höhe auf die Zuschauer hinab, ihre metallische Brille reflektiert die Lichtbündel. Mit „Demolition Man“ eröffnet sie die Show, und hat damit gleich die sexuelle Doppelbödigkeit drauf, auf die das Publikum heute abend hier abfährt und die sich auch in ihrem Kostüm, einem locker sitzenden Herrenanzug, widerspiegelt. Die Stimme dazu liegt lässig über den Backing Tapes.

Der Kran senkt sich, und Grace gleitet elegant an die Becken. Ihre Handfesseln bearbeiteten die Felle im Takt zu „Warm Leatherette“. Der grellrote Mund grinst dabei so breit, daß wahrscheinlich sogar die Löwen drin verschwinden würden, säßen sie nicht sicher in ihren Käfigen. „Walking In The Rain“ ist der erste Titel, den sie nicht nur spricht. Und es war abzusehen, daß die Menge mitsingt, sobald die Zeile „Feeling like a wornan, looking like a man“ kommt.

Perfekt ihre Leblosigkeit bei „Love Is A Drug“: Grace Jones schleicht sich katzenähnlich hinaus zum Publikum. Jede Bewegung sehr bewußt und einstudiert; total durchgestylt wie eine Reihe fotografischer Stilleben in einem auf Sado-Maso getrimmten Vogue-Layout. Und für alle, die noch so harmlos sind, daß sie die Anspielungen in „Pull Up To The Bumper“ nicht mitbekommen, schiebt Grace ein jüngeres männliches Wesen auf die Bühne, um sich hinterrücks darüber herzumachen. Alles im Takt mit den Backing-Tapes, versteht sich; eisig, dekadent und mit herrischer Überheblichkeit.

Jackett auf für den letzten Song, „I Need A Man“. Grace offenbart die auf Körperform modellierte Kuntstoffkorsage; ein Abbild fleischgewordener Träume. Und das war’s dann auch schon. Ein kurzer Auftritt mit widerwillig gewährter Zugabe. Kein King-Kong-Kostüm oder sonst irgendetwas Wildes, was sich der Umgebung angepaßt hätte, dafür aber ein Set, genauso starr in Form gegossen, wie ihre Erscheinung. Trotzdem faszinierend.