Hirn Flimmern


So, ich glaube, jetzt sind wir unter uns. Es ist Montagabend, in drei Tagen ist Weihnachten, und ich sollte von Rechts wegen damit beschäftigt sein, Päckchen zu packen. Aber ich bin der Letzte, der noch nicht fertig ist und noch was ins Heft reinschreiben muss. Schreiben DARF müsste man sagen, denn selbstverständlich ist es ein Vergnügen, hier mit Ihnen zusammenzukungeln auf einen Absacker zum Jahresausklang (ja, ich weiß, bei Ihnen ist schon wieder -auftakt, aber erwarten Sie bloß nicht, dass ich Sie beneide). Wenn auch kein ungeteiltes Vergnügen. Denn, aber ach, die Päckchen, die ich packen sollte, sind traurige Päckchen. Sie sind die Art Päckchen, die man an sich selber schickt. Was? Nein, keine Weihnachtsgeschenke, so weit ist es doch noch nicht gekommen mit mir.

Vorhin war ein Mann mit breitem Kreuz hier auf dem Flur, begutachtete Mobiliar und sprach von der „langen Fahrt nach Berlin“, die dieses und jenes Utensil vor sich habe. Und die Kollegen von der EDV waren da und zählten die Computer und murmelten vor sich hin, das, was auch immer, würden „die in Berlin dann schon regeln“. Klar. Die in Berlin werden das schon regeln. Der Haken: Keine zwei Wochen mehr, dann sind WIR „die in Berlin“. Der Umzug steht an.

Und jetzt in diesen Tagen vor der Weihnachtspause, ist die Zeit der letzten Male angebrochen. Vorhin wohl ein letztes Mal unsere Foto-Grand-Dame Annemarie im Nebenzimmer gut gelaunt mit einem amüsanten Geschäftspartner telefonieren gehört, was man immer daran merkt, dass Annemarie dann so herzhaft lacht, dass es durch die Wand schallt. Ein letztes Mal unseren kosmischen Kurierfahrern Francesca und Tonino auf dem Flur begegnet, wobei mich Tonino wie üblich mit „Dottore!“ grüßte – bis heute weiß ich nicht, wie ich zu der Ehre komme, aber so etwas lässt man doch nicht gerne hinter sich! Da müssen andere lange studieren oder aber krumme Dinger drehen, um „Dottore“ genannt zu werden! Ein letztes Mal von Ernst eine Nackenkurzmassage bekommen.

Ein letztes Mal mich an der Anwesenheit von Susanne und Viola vorne am Empfang gewärmt, zwei wunderbare Frauen, bei denen ich mich nach 15 Jahren mal aufs Allersentimentalste bedanken möchte, wie bei allen anderen hier, falls sie den Kram lesen – auch Ihr, Sus, Seimen, Kalle, Zacke, Petra und und und. Und Andreas von der EDV, dem ich so viel Kummer bereitet habe und der so viel Geduld mit mir hatte – oder es wenigstens nicht zeigte, falls er große Lust hatte, mir den Kopf vom Rumpf zu trennen. Und Uwe (ich fang gar nicht erst an). Ich liebe Euch alle ziemlich sehr. Aber ach. Und jetzt gleich ein letztes Mal rübergehen und Martin bitten, ob er den Textkasten etwas größer ziehen kann, was er zum Augenrollen von Art Director Michael hoffentlich einmal mehr, ein letztes Mal tun wird.

Gut, dass die Kollegen vorn Metal Hammer heute eine München-Abschiedsparty schmeißen, auf der man hoffentlich noch ein paar Demnächst-Ex-Kollegen trifft. Es besteht der begründete Verdacht, dass Bier ausgeschenkt werden wird. Weiter im Text dann in ein paar Wochen in der Hauptstadt. Ich freu mich schon aufs Päckchenöffnen. Bei meinem scheiß Gedächtnis hab ich bis dahin sicher vergessen, was da alles Schönes drin ist.