Interview

Monet192 im Interview: „Ich bin ein Herzensmensch“


Der Rapper im ausführlichen Gespräch über unangenehme Verhaltensmuster, Selbstliebe & das innere Kind.

Der Weg ist klar: Karim Russo, alias Monet192, veröffentlichte bereits mit 19 Jahren seinen ersten Track „Tout le Jour. 2019 folgte dann der Song „Papi“ gemeinsam mit Badmómzjay und damit auch der Durchbruch des gelernten Krankenpflegers. Schon bald festigte er mit seinem Debütalbum MEDICAL HEARTBREAK seinen Namen in der Szene – und seither brachte er jährlich mindestens eine LP heraus. Nun erscheint seine Compilation CUFFING SEASON, auf der er alle möglichen Facetten der Liebe und toxische Beziehungen durchleuchtet.

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MUSIKEXPRESS: In „Salty“ sagst du, dass du durch deine Partnerin zu einem „anderen Mann“ wirst. Was heißt das genau?

Monet192: Ich bin eine sehr emotionale, sensible Person. Ich denke, dass ich die Menschen um mich herum schnell verstehe. Trotzdem bin ich auch in mich gekehrt und rede nicht gerne über meine Sachen, weshalb ich immer versuche, den Fokus auf andere Leben zu lenken. Dennoch bin ich zu 100 Prozent ein Herzensmensch – was ich früher nie über mich gesagt hätte.

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2023 hast du mit ELECTUS und CUFFING SEASON gleich zwei Alben herausgebracht. Du meintest mal, dass das Musikmachen auch für innere Balance bei dir sorgt. Woher kommt diese Verbindung?

Ich war nie der Beste in der Schule oder im Sport oder so. Aber ich hatte immer diesen Drang, etwas zu finden, was ich liebe, und darin der Beste zu werden. Als Musik in mein Leben kam, habe ich das als Chance gesehen, den Leuten zu zeigen, dass ich auch in etwas sehr gut sein kann. Das hat mir mit 17 Jahren wieder ein Lichtblick gegeben.

In Künstler:innen ist oft die Angst verankert, vergessen zu werden. Verspürst du diese weniger, wenn du viel Output hast?

Man muss es sich so vorstellen: Man kriegt die Möglichkeit, mit Musik Geld zu verdienen. Aber in der Regel kennt man niemanden in seinem Umfeld, der das auch kann, weshalb man sich erst einmal daran gewöhnen muss. Man hat niemanden, mit dem man sich spiegeln kann. Und kreatives Arbeiten ist nichts Alltägliches, Ideen kann man nicht erzwingen. In den ersten Jahren meiner Karriere habe ich es dennoch versucht, weil ich gesehen habe, wie andere Leute um acht Uhr morgens aufstanden und zur Arbeit gingen. Ich dachte erst, ich müsste es ihnen gleichtun. Doch nur wenn man eine gewisse Zeit an einem Song arbeitet, entwickelt man auch ein Gefühl dafür und das gibt einem mehr Sicherheit.

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In dem Track „Call Me“ sprichst du von einem Ausraster, der im Zusammenhang mit dem Verlust der Liebe deines Lebens stattfand. Wie ist das für dich, wenn du so aus der Balance kommst?

Diese Zeit war sehr schwierig für mich, weil es auch unglaublich unangenehm ist, wenn man wegen Kleinigkeiten so gereizt ist. Ich hatte das Gefühl, die Kontrolle über mich zu verlieren. Ich habe lange gebraucht, um zu verstehen, woher das rührt. Am Ende bin ich zur Antwort gelangt, dass ich schon immer jemand war, der anderen Vieles gibt und für sie da ist. Dabei gehen allerdings meine eigenen Bedürfnisse oft unter, was schon mal dazu führen kann, dass alles mit einem Mal hochkocht und ich total frustriert bin.

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Wie schafft man es, mehr auf sich zu achten, und nicht hinter den Wünschen der anderen selbst zu verschwinden?

Es ist ein harter Prozess, denn dahinter stecken Charaktereigenschaften, die nicht von heute auf morgen geändert werden können. Ich habe anfänglich das genaue Gegenteil von dem gemacht, was mir geholfen hätte. Ich habe mich verbarrikadiert und niemandem mehr vertraut. Dadurch wurde ich zu einem Stein, was ich aber gar nicht sein wollte. Schließlich bin ich eigentlich ein offener Mensch. Um da wieder rauszukommen, habe ich mir vorgenommen, wieder auf Leute zuzugehen, aber auch aktiv auf Red Flags beim Gegenüber zu achten, denn gewisse Basics müssen halt stimmen. Wenn man zum Beispiel grundsätzlich nicht mit einer Person richtig kommunizieren kann, sollte man direkt Abstand nehmen. Man muss in der Lage sein, über gewisse Dinge sprechen zu können, sonst gehen irgendwann beide unter.

Du meintest mal, dass du inzwischen gelernt hast, mehr auf die Bedürfnisse von deinem inneren Kind zu hören. Wie sieht das konkret aus?

Mein inneres Kind kann sich selbst nicht wehren, weil es immer sehr offen ist. Also muss ich ihm Schutz und Sicherheit geben. Deswegen ist es umso wichtiger, bei Respektlosigkeiten sofort wegzugehen. Ich kann meinem inneren Kind schließlich nicht sagen, dass es in Ordnung ist, es schlecht zu behandeln, weil er es mir dann glauben würde. Zu verstehen, was der „kleine Karim“ braucht, hat dazu geführt, dass ich nun frühzeitig mein Grenzen setze und psychisch gesund bin.

Würdest du sagen, dass jede:r dieses Kind noch in sich trägt?

Ja. Die Frage ist nur, wie spürbar es ist. Ich musste mich mit meinem Kind befassen, um es überhaupt richtig wahrnehmen zu können. Viele tun das nicht und wenn es ihnen mal dreckig geht, wissen sie nicht, woher das rührt. Wir Menschen haben die Gabe, uns selbst anlügen zu können. Wir schaffen es immer wieder, eine klare Situation entweder gut oder schlecht zu reden. Wir belügen uns oft selbst, um weiterhin die Person sein zu können, die wir in unserer Traumvorstellung sind. Im Umkehrschluss heißt das nichts anderes, als dass man sich selbst nicht akzeptiert. Bei mir kam das vor allem durch Social Media. Doch es geht einem besser, wenn man lernt, sich so anzunehmen, wie man ist.

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Stichwort idealisieren. Auf CUFFING SEASON thematisierst du auch toxische Liebesbeziehungen. Was ist der Unterschied zwischen einer gesunden und einer toxischen Liebe?

Da gibt es verschiedene Arten. Oft gibt der eine die ganze Liebe und der andere tankt sie nur. Dabei merken die beiden nicht, dass man langsam müde vom Geben wird oder bereits Überfressen von der Liebe ist. Das ist das Hauptprinzip der toxischen Liebe: Einer nimmt immer mehr als der andere überhaupt geben kann. Das zeigt sich auf viele Weisen, wie Manipulation oder auch Gaslighting. Dem anderen ständig ein schlechtes Gewissen für komische Dinge zu geben und durch Love Bombing bei sich zu halten. Es ist eine Sucht nach Kontrolle.

In „Kein Herz“ sprichst du über eine Liebe, bei der man nur weiß, ob sie echt ist, wenn es dem anderen schlecht geht. Wie kommt es so weit?

Die Frage habe ich mir in dem Song auch gestellt. Ich denke, es ist ein Lernen am Modell: Deine Eltern haben immer von dir genommen und jetzt nimmst du von anderen, weil du es nicht anders kennst. Aber auch das Tolerieren von solchem Verhalten kommt daher, dass man bereits in der Kindheit so behandelt wurde.

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Wie du in „Flammen“ selbst rappst, bestehen solche Beziehungen meist aus vielen Hochs und Tiefs. Was hält denn, deiner Meinung nach, einen davon ab, sich in der „abstoßenden“ Phase vom anderen zu trennen?

Der Mensch ist geübt darin, Ereignisse wieder zu vergessen. Wenn dann noch eine rosarote Brille hinzukommt, merkt man nicht wirklich, dass man sich gerade in einem Tief befindet. Das wird erst realisiert, wenn man ganz unten angekommen ist. Auch weil dann meist im richtigen Moment das Hoch durch die andere Person kommt, dass die schlechte Phase davor wieder verschwimmen lässt. Und auch wenn Leute immer davon reden, dass nur eine Person in einer Beziehung toxisch ist: Wenn man sich schlecht behandeln lässt, hat man ebenfalls ein Problem. Man befindet sich nicht nur wegen dem anderen Menschen in der Lage. Beide haben sich dahin gebracht.

Beim Reflektieren der eigenen Person ist man ja kaum objektiv. Man ist entweder zu weich oder hart zu sich selbst. Wie kann man das am besten verhindern?

Wenn ich ein Problem mit mir selbst habe und anfange unfair mir gegenüber zu werden, versuche ich mir vorzustellen, ob ich dies auch dem „kleinen Karim“ sagen würde. Bei einem Kind würde ein Erwachsener doch weder etwas verschönern noch verschlechtern – man würde ihm erklären, wie es ist. Wenn er etwas verkackt, sagt man meistens, dass er es einfach noch einmal versuchen soll. Man würde sich unnormal schlecht fühlen, wenn man so mit seinem kleinen Ich sprechen würde, wie man es als Erwachsener oft genug macht. Dabei ist das heutige Ich auch der „kleine Karim“.

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CUFFINGS SEASON im Stream:

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