Muse Im Admiralspalast Berlin


Prätentiöser Riffrock mit wachsender Nähe zum Musical: Muse zeigen bei einem Clubkonzert, was sie können und was sie versuchen.

Zwei, drei Mal wird’s ein bisschen gaga, und das hat natürlich etwas mit dem neuen und sehr, sehr ambitionierten Album THE RESITANCE zu tun: Muse, früher Garanten für die gut inszenierte und absolut präzise dargebrachte Schnittmenge zwischen Progressive Rock und Gitarren-Indie, versuchen sich 2009 mehr denn je an konzepthafren Minidramen, an gefühlt zehnminütigen Operetten mit schwerer Starlight- Express-Schlagseite, an Spannungsbögen, die unter ihrem eigenen Größenwahn in tausend Einzelteile zersplittern zu drohen. Aber ab und zu kann man das an einem solchen Abend schon mal machen – weil’s, wie übrigens auch die Gitarrengmedclversion des Synthpop-Kloppers „Popcorn“, Abwechslung in die gut 70 Minuten Powerriffing bringt. Wie bei jeder Band, die sich – zumindest live-eher über eine eigene Formsprache als über den Song an sich definiert, ist auch bei Muse-Konzerten die Gefahr der Redundanz gegeben. Der Schmackes, mit dem hier verzerrt und in die Saiten geschlagen wird, droht manchmal zur Kraftmeierei zu verkommen, die Präzision, mit der Drummer Dominic Howard und Bassist Christopher Wolstenholme agieren, zur Monotonie. Doch Muse wissen um diese Gefahr, vermutlich mehr als die Anhängerschaft, die das Kartenkontingent für den gar nicht kleinen Admiralspalast in ordentlichen zwölf Minuten wegkaufte. Deshalb die austarierte Setliste, deshalb ein Matt Bellamy, der ab und an ans schneeweiße Klavier wechselt und dort plötzlich nicht mehr wie ein Rockstar wirkt, sondern wie einer, der sich mit der nötigen Portion Demut dem Instrument unterwirft. Dass gerade diese ruhigen Momente etwas durchchoreografiert und wenig spontan wirken, darf man Muse nicht vorwerfen. Die Corporate Identity bestimmt das Konzert, was bei einer Band, die oft genug unter dem Begriff Artrock eingeordet wird, vermutlich so sein muss. Muse erfüllen also die Erwartungen, indem sie die Dinge ein wenig abändern, auch mal Gitarre und Klavier austauschen, die Songs konsequent in die Länge ziehen. Das Publikum staunt, Verausgabung findet indes eher auf bekanntem Terrain statt: Schon der Opener, die aktuelle Single „Uprising“, wird frenetisch gefeiert, bei Stücken wie „Hysteria“ und „Time 1s Running Out“ sieht man weite Teile des Saals im hübschem Hüpf-Einklang. Am Ende gibt’s mit „Plug In Baby“ und „Knights Of Cydonia“ ziemlich genau das, was man vom Ende eines MuseKonzertes erwartet, dazu ein bisschen Morricone-Nachspielerei und eine ordentliche Portion Nebel, die aus großen Kanonen an der Bühnenvorderseite geschossen wird und im ehrwürdigen Palast nicht kühl, sondern fast spätsommerlich wärmend wirkt. Ein sattes, angemessenes Ende.