Punkrock-Ikone Brody Dalle im ME-Interview: „Meine Kinder bedeuten mir heute alles“


Brody Dalle veröffentlicht am 25. April ihr neues Soloalbum DIPLOID LOVE. Daniel Voigt traf die Punkrock-Ikone zum Interview und sprach mit ihr über die Platte, über den Alltag als Mutter und wie sie den Alltag mit ihrem Ehemann Josh Homme meistert.

Brody Dalle ist zurück: Fünf Jahre nachdem die ehemalige Sängerin von den Distillers mit den Spinnerettes ihr letztes gleichnamiges Werk veröffentlichte, wird die Ehefrau von Queens-Of-The-Stone-Age-Frontmann Josh Homme am 25. April eine neue Platte namens DIPLOID LOVE veröffentlichen – die erste unter ihrem eigenen Namen. Und die Pause tat Dalle sichtlich gut, wie sie uns im Interview erzählte: „Ich habe in der Zeit gelernt Verantwortung für meinen wunderbaren Kinder zu übernehmen, sie zu gebären und großzuziehen.“

Verantwortung übernehmen – das spielte bei Brody Dalle lange Zeit, insbesondere als Sängerin von The Distillers Ende der 1990er- und Anfang der 2000er-Jahre, eher eine untergeordnete Rolle. Divenhaftes Verhalten, unberechenbare Rüpelhaftigkeit, Drogen- und Alkoholexzesse bestimmten das Leben der Musikerin, die nicht ganz ungerechtfertigt schon oft mit Musikerinnen wie der skandalumwitterten Kurt-Cobain-Witwe Courtney Love verglichen wurde.

Außer ihrer unnahbaren Aura ist heute von dieser Brody Dalle der 2000er Jahre nur noch wenig zu spüren. Beim Interview präsentiert sich die Musikerin ohne Allüren, lediglich etwas müde vom Jetlag. „Die Kinder haben mich reifer werden lassen. Drogen spielen in diesem Leben keine Rolle mehr und ich bin sehr froh darüber. Zwar feiere ich mit Josh immer noch gerne, doch nicht mehr so exzessiv wie damals“, sagt sie.

Solo für die Kinder

War das der Grund, warum Brody Dalle ihr Album DIPLOID LOVE diesmal unter ihrem eigenen Namen veröffentlichen wird? Weil sie sich von den Schatten ihrer Vergangenheit mit den Distillers und den Spinnerettes trennen wollte? Nicht wirklich. „Ich war gerne die Frontfrau von den Distillers und den Spinnerettes und für die neue Platte kollaborierte ich zwar mit einer Reihe von Musikern. Aber ich finde einfach nicht mehr die Zeit, um in einer Band zu sein“, erklärt Dalle. „Ich muss mich um zwei Kinder kümmern und das tue ich auch unglaublich gerne. Nur bedeutet das auch, dass ich für das Musikmachen nur noch wenig Zeit habe. Die Platte entstand deshalb auch in sehr kleinen Schritten, ich musste die Arbeit an der Scheibe in kleine Dosen einteilen.“

Dass Brody Dalle jetzt solo unterwegs ist, bedeutet allerdings keineswegs, dass sie live nur noch ihre Solo-Stücke spielt: „Alle meine Platten sind für mich eine sehr persönliche Angelegenheit. Ob es bei den Distillers war, bei den Spinnerettes oder jetzt unter meinem eigenen Namen – ich bin nun mal diejenige, die die Lyrics und Songs schreibt. Aber ich spiele live auch immer noch gerne die Songs meiner alten Bands.“

Auch der Albumtitel ihrer neuen Platte DIPLOID LOVE ist geprägt von der Geburt ihrer Kinder . „Wenn eine diploide Zelle entsteht, dann ist das der Beginn eines neuen Lebens, der Moment, wo ein neuer Mensch entsteht. Das finde ich ziemlich faszinierend. Meine Kinder bedeuten mir heute alles.“  

Das Entstehen eines neuen Lebewesens spielt auch in den Songs „ Meet The Foetus“ und „Oh The Joy“ eine tragende Rolle. „Beide Songs handeln davon schwanger zu werden und dann Kinder zu bekommen. Das bedeutet Leben. Und die Verbindung zwischen mir und meinen Kindern habe ich bereits gespürt, als ich sie noch im Bauch getragen habe.“

Familienalltag im Hause Dalle / Homme

Doch wie meistert Brody Dalle mit einem so einem vielbeschäftigten Musiker wie Josh Homme den Familien-Alltag, ist dieser derzeit doch ständig auf Tour und startet neue Projekte? Wie Brody Dalle ausführt, ist das für sie kein Problem zuhause zu bleiben, wenn ihr Ehemann auf Tour ist.

„Ich bin meistens zuhause, wenn Josh auf Tour ist. Ich stehe um 05:30 Uhr morgens auf, mache Frühstück für meine Kinder und fahre meine Tochter zur Schule. Dann verbringe ich Zeit mit meinem Sohn, der gerade Schwimmunterricht nimmt, der Alltag im Hause Dalle/Homme ist also ein ganz normaler, wie bei jeder anderen Familie auch. Niemals gehen wir beide zur selben Zeit auf Tour, außer wenn wir gemeinsam touren. Dann nehmen wir unsere Kinder aber mit.“

Auch sonst scheint die Beziehung zwischen den beiden Musikern von viel Fürsorge geprägt zu sein – auch wenn sie sich das Ziel gesetzt haben nicht gegenseitig in die Arbeit des Anderen hineinzupfuschen: „Wir helfen uns zwar nicht gegenseitig beim Musikmachen, aber wir unterstützen uns beim Prozess der zu einer Platte führt und geben uns Tipps, wenn wir die Musik des jeweils Anderen anhören.“

Produziert wurde DIPLOID LOVE von Alain Johannes in dessen Studio und im familieneigenen Pink Duck Studio von Brody Dalle & Josh Homme. Dazu holte sie sich auch musikalische Unterstützung bei Shirley Manson von Garbage und Matt Shurman von Queens Of The Stone Age.

„Wir kennen uns alle sehr gut und es hat mich unglaublich gefreut, dass mich Shirley & Co. unterstützt haben“, sagt Dalle. Eingespielt hat sie dennoch fast alle Instrumente allein – wobei sie ein Instrument gerne noch besser kennenlernen würde: „Piano würde ich sehr gerne noch besser lernen. Ich mag daran, dass man es nicht irgendwo anstöpseln muss, man kann einfach drauflos spielen. Es funktioniert für mich wie eine Songwriting-Maschine: Wenn du anfängst zu spielen, können daraus endlos lange Songs entstehen.“

Brody Dalle träumt und tourt

Darauf zu schließen, dass Brody Dalle sich der klassischen Musik zugewandt hat, wäre ein Irrtum: „Klassische Musik in dem Sinne höre ich eigentlich nicht viel“, so Dalle. „Mit einer Ausnahme: Haydn. Der Sound könnte für mich auch sehr düstere Popsongs illustrieren. Sonst höre ich zuhause derzeit eher Western- beziehungsweise Filmmusik von Ennio Morricone. Ich mag vor allem den Soundtrack zu ‚Betty Blue‘. Ich würde ihn unglaublich gerne mal live erleben, das wäre ein Traum.“

Träume spielen und spielten im Leben von Brody Dalle immer eine wichtige Rolle: „Träume bedeuten Hoffnung. Hoffnung für die Zukunft, Hoffnung, dass etwas Großes geschieht. Manchmal würde ich mich auch als Tagträumerin sehen. Aber wenn ich zurückdenke, wäre ich vielleicht eine bessere Schülerin gewesen, wären viele Dinge einfacher gelaufen, hätte ich mich mehr auf etwas fokussiert. In der Hinsicht können Träumereien auch gefährlich sein. Zum Beispiel wenn man Auto fährt und merkt, dass man eigentlich auf den Straßenverkehr aufpassen sollte. Sowas ängstigt einen dann manchmal schon.“

Brody Dalle tritt bald auch wieder in Deutschland auf und spielt am 30. April und 01. Mai 2014 zwei Konzerte in Berlin und Hamburg. Bereits Ende Februar 2014 hatte sie einen Clubgig im Berliner Magnet Club gegeben.