Ray Parker Jr.


Die Geister kommen! Ebenso wie seinerzeit der rührende E. T. aus den Weiten des Alls bis zum Woolworth-Spielzeugstand nur ein paar Lichtsekunden brauchte, so kamen auch die „Ghostbusters“ über Nacht ganz groß ins Geschäft. Im Anschluß an den amerikanischen Erfolgsfilm, der im Januar nach Deutschland kommt, trägt man sie als T-Shirt auf der Haut, steckt sie sich – Badge! – ans Revers, klebt sie – Sticker! auf den Managerkoffer, bringt sie den Kleinen als Stofftier mit nach Hause oder läßt die Großen mit Geistersinger Ray Parker Jr. „Ghostbusters‘-Wettbewerbe ausführen.

Der Smash-Hit über die wandelnden Bettücher entstand – laut Parker – in nur zwei Tagen. Der Präsident von Columbia Pictures rief mich an und sagte, er brauche dringend eine Titelmelodie. Man zeigte mir eine Rohfassung des Films und dann durfte ich loslegen.“

Zwei Tage, so gibt Parker in Erinnerung an den Schnellschuß zu, sind auch für ihn ein bißchen knapp. Aber, fügt er angesichts des weltweiten Erfolges hinzu: „Nicht gerade schmeichelhaft für die Songs, an denen man 14 Tage rumdoktert.“ Noch viel weniger schmeichelhaft sind die Vorwürfe, daß „Ghostbusters“ frappierende Ähnlichkeiten mit Huey Lewis‘-Chartbuster „I Want A New Drug“ aufweisen soll. Parkers lapidarer Kommentar: „Schade, daß der Song keinem Michael-Jackson-Stück gleicht. Dann wäre ich berühmt.“

Nun ja, Parker ist auch so nicht gerade ein unbeschriebenes Blatt. Aufgewachsen in einem Detroiter Getto, Tür an Tür mit Marvin Gaye, Diana Ross, den Temptations, Stevie Wonder und anderen Vertretern von Motowns „Black Magic“, wurde aus dem Zufalls-Klarinettisten Parker schon mit 13 Jahren ein Profi-Gitarrist. „Damals“, erinnert er sich, „lag ich wegen eines komplizierten Beinbruchs bis zum Bauchnabel in Gips. Ich schnappte mir die Gitarre meines Bruders und versuchte alles nachzuspielen, was im Radio lief.“

Mit Erfolg! Nachdem er das Genesungsjahr mit Üben verbracht hatte, packte Ihn vollends der Ehrgeiz. Schon wenig später spielte er auf fast allen frühen Jackson Five-Alben, fuhr den bekifften Marvin Gaye in dessen Cadillac spazieren und gehörte nachts neben dem Schlagzeuger Hamilton Bohannon und dem legendären Motown-Bassisten James Jamerson zu der etatmäßigen Backing Band des Soulclubs „Twenty Grand“, in dem alle schwarzen Top Acts auftraten. Parker, damals 15 Jahre jung, machte einen Schnitt von 1000 Dollar pro Woche, wesentlich mehr als sein kranführender Vater bei Ford. „Meine Eltern dachten schon, Ich wäre ein Dealer.“ Mitnichten! Parker war nur der heißeste Gitarrist der Gegend – und das sollte die nächsten Jahre so bleiben. „Ich schwänzte die Schule, um auf all den Invictusund Hot Wax-Platten mitzuspielen.“

Nach einem kurzen Abstecher ans Lawrence Institute of Technology, wo er die Fächer Architektur und Wirtschaft belegt hatte, ging er mit Stevie Wonder auf Tournee und zog Anfang der Siebziger im Gefolge von Motown an die Westküste. Jahrzehntelang war er dort der gefragteste Sessionmusiker überhaupt; „Eine Zeit lang habe ich soviel gearbeitet, wie ich körperlich verkraften konnte. Das hieß etwa 52 Sessions pro Woche, macht etwa 2200 bis 2500 Songs im Jahr. Im Schnitt habe ich 1000 Dollar am Tag verdient. Gutes Geld für gute Arbelt.“

Pop-Historiker werden mir beipflichten: Kaum ein Album großer und kleiner US-Künstler, wo man seinen Namen nicht auf dem Cover findet. 1977, so Parkers eigene Statistik, war er als Gitarrist und zunehmend auch als Songschreiber und Produzent, an ungefähr 400 Top 40-Hits beteiligt.

Nach einigen schlechten Erfahrungen wurde aber selbst dem fleißigen Parker – inzwischen Besitzer einer Zwei-Millionen-Dollar Villa in Beverly Hills – klar, daß Sessionjobs auf Dauer nicht der Gipfel an Kreativität sind. „Ich hörte im Radio eine Nummer und wußte nicht mehr, welcher Künstler das war nur noch, daß ich dafür Gitarre gespielt haben mußte.“

Bedrängt durch den damaligen Arista-Präsidenten Clive Davis versuchte er es mit einem eigenen Projekt: Raydio. Aus Angst vor einem Flop und unsicher, wo sein Plätzchen sei zwischen all den mittlerweile berühmten Nachbarn, ließ er das von ihm eingespielte Debüt RAYDIO als Gruppen-Projekt verkaufen. Erst nach dem Erfolg seines schmusigen, raydiogerechten Gold-Hits „Jack and Jill“ stellte er die folgenden fünf Alben unter seinem Namen vor.

In Amerika traf Parker mit seinem clever arranglertenPop-Disco-Funk, den gefälligen Love’n’Sex-Themen und dem Image des nimmermüden Liebeskaspars schon des öfteren ins (Chart-)Schwarze. Den Rest der Hit-Welt eroberten die Geister. Sein Resümee: „Gespenstisch!“