Archive

The False Foundation

Dangervisit/[PIAS] Coop/Rough Trade

Die britischen TripHop-Prog-Rocker ­irren überraschend ziellos umher.

Das vergangene Jahr war ein extrem gutes für Archive. In Paris traten sie zum Beispiel zwei Tage im Le Zénith auf, einer Halle, in der schon U2, Britney Spears oder Bruce Springsteen gastierten. Die im TripHop groß gewordene Band aus London spielte also in so großen Venues wie nie, und selbst die erwiesen sich teilweise als zu klein. Einer der Gründe für diese Entwicklung dürfte auch das sehr gute 2015er-Album RESTRICTION gewesen sein, ein kompaktes, wuchtiges, von Elektronik durchsetztes Prog-Rock-Werk. Wie sehr sich THE FALSE FOUNDATION von seinem Vorgänger absetzt, verdeutlich schon der Opener „Blue Faces“ mit seinem kargen Klavierspiel, um das digitale Sounds schwirren, die in der Mitte anschwellen und dann in von Industrial beeinflusste Störgeräusche übergehen. Wohin man hört, nirgends ist ein Song in Sicht.

Auch in dem anschließenden „Driving In Nails“ mit seinen maschinenhaften Rhythmen und dunklen Klängen nicht. Nun gut, ein Hang zur Düsternis kennt man ja von den Briten, aber in „The Pull Out“ wird es noch unheilvoller, auch weil wieder so ein Maschinen-Beat im Stechschritt durch den Track marschiert. Zu diesem Zeitpunkt nähert sich THE FALSE FOUNDATION der 20-Minuten-Grenze, ehe das Titelstück mit seinem rasanten Synthi-Pop eine kurze Wende hin zu mehr Pop markiert. Archive lassen in diesem Lied offen, was sie mit „The False Foundation“ meinen. Frei übersetzt könnte es „Falsches Fundament“ bedeuten, was in diesen verstörenden Zeiten Raum für unzählige Interpretationen lässt, bestimmt aber keine positiven. Fragt sich nur, warum die Süd-Londoner dann so einen belanglosen und pathetischen, an Pink Floyd in schlimmsten Momenten erinnernden Track wie „A Thousand Thoughts“ mit aufs Album nehmen.

Danach wird es immer besser, vor allem weil in „Stay Tribal“ endlich die Gitarren von den Leinen gelassen werden. Und auch „Splinters“ mit seinen Knirsch- und Knackgeräuschen, Sounds, die tatsächlich Splittern assoziieren, baut Spannungen auf, die man viel zu oft und dann auch noch vergeblich sucht. So können Archive diesmal nur ganz selten das Niveau von RESTRICTION erreichen, auch weil THE FALSE FOUNDATION in alle Richtungen ausfranst. Die Ausnahme bildet das erneut selten blöde Artwork des Cover, da begegnen sich beide Platten auf Augenhöhe.