Auf der jetzt.de-Seite schaut Max Scharnigg für seine Kolumne „Der Hauptsatz“ ganz genau auf Sätze, die wir schon ein bisschen zu oft gehört oder selbst gesagt haben. Dass einer, der die Alltagssprache so fein beobachtet, keinen ganz alltäglichen Debütroman schreiben würde, versteht sich fast von selbst. Scharniggs Hauptfigur Nikol Nanz findet eines Abends bei der Heimkehr aus der Zeitungsredaktion vor seiner Wohnung ein Paar grüne Turnschuhe und hört obendrein von drinnen eine Männerstimme. Er eilt die Stufen wieder herunter und kauert sich im Hausflur unter den Treppenabsatz, wo er tagelang bleibt, verborgen durch einen Kinderwagen und Altpapierkisten. Nur der greise Mieter Schmuskatz bemerkt ihn und lädt zum Paprikahendlessen in seine Wohnung, die eine Bibliothek zu sein scheint, in der die Bücher alphabetisch nach den Namen derer sortiert sind, denen die Werke gewidmet wurden. Mit dem früheren Gletscherfotografen wagt sich Nikol schließlich an den Wiederaufstieg durch das Treppenhaus. Der wird mit Szenen von der Eiger-Nordwand-Erstbesteigung verwoben geschildert. Denn bevor er seinen „Biwak unter der Treppe“ bezog, arbeitete Nanz an einem Artikel über die Besteigung. Eine fantastische Geschichte also, die Scharnigg in der Mietshausrealität angesiedelt hat und die er so tastend formuliert, wie es die Schritte der Bergsteiger sein müssen. :: Die Schwarte Mamba

von Martin „Gotti“ Gottschild

Die Berliner Ossi-Indie-Boheme

Martin „Gotti“ Gottschild macht sonst Shows mit dem Titel „Tiere streicheln Menschen“. Da liest er nuschelnd und schwer berlinernd humoristische Kurzgeschichten und kommentiert Dias vom Flohmarkt. Musikalische Einlagen gibt es von Sven Rathke, bekannt als Sven van Thom („Trauriges Mädchen“), mit dem Gotti einst bei Sofaplanet spielte („Liebficken“). Die Schwarte Mamba (Untertitel: Ein Buch wie ein Fäustling) ist eine Sammlung von Geschichten, in denen von Sexualfantasien während Tiersendungen, über S-Bahnfahrten in unerwünschter Begleitung von Schulklassen bis zum Urlaub mit Mutti das ganze Spektrum eines vage proletarischen, halbgewollt bohemianischen Tunichtgutlebens im Osten von Berlin ausgebreitet wird. Hier wird nicht um den Weltekel herumziseliert, sondern es darf auch schon mal eklig werden. Dafür knallen dann die Pointen lauter.