Album der Woche

Bilderbuch

Mea Culpa

Maschin/Universal

Die Leiden des jungen M.: Der Future-Pop der Wiener Wunderkids kommt auf Album Nummer fünf erstaunlich sad.

Es ist total klar, dass die Rolle Bilderbuchs als Botschafter des Kapitalismus, als Postulierer einer Markenwelt, in der aus jedem Trinkbrunnen Coca Cola Fanta Sprite sprudelt, dazu weitere Softdrinks, und in der im Laden am Eck die schneeweißen Sneakers4free sind, immer ambivalent zu betrachten war. Aber dennoch hatte man den Eindruck, dass Bilderbuch stets Handelnde waren, außerdem meistens Staunende. MEA CULPA ordnet die Dinge neu.

Bilderbuch kündigen zwei neue Alben an
Erstmals ist Schwermut der Motor, der ein Album der Österreicher antreibt. Erstmals sind Bilderbuch Suchende. Und erstmals ist die Welt, in der sie sich bewegen (sie bewegen sich viel auf dieser Platte, scheinen ständig im Taxi zu sitzen), eine traurige.

Das Handydisplay, die Verbindung zur Außenwelt, ist in „Sandwishes“ schwarz geworden. „Ich glaub, ich glaub an Geld“, heißt es im folgenden „Taxi Taxi“, später: „Ich glaube an Speed, ich glaube an Weed, ich glaub’, mir wird schlecht.“ „Lounge 2.0“ beginnt zwar mit forsch klöppelnden Beats, schildert dann aber auch deep troubles: das Geld nicht passend fürs Taxi (ja, schon wieder!), und „die Mittagsmenüs sind aus“. Ein Titel wie „Mein Herz bricht“ („auf der Suche nach Liebe“ heißt es weiter) erklärt sich wohl von selbst. Der einzige Song, in dem inhaltlich noch der altbekannte Eskapismus propagiert wird, ist „Megaplex“. Und auch hier möchte man nicht an den Oberflächen kratzen: „Bitte sag mir nicht, wie spät es ist. Meine Swatch führt mich nur in die Finsternis.“

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Groß denken Bilderbuch eigentlich nur zwei Mal

Musikalisch wird das alles ähnlich illustriert wie auf dem Vorgängeralbum – Bilderbuch reichern abgedunkelten Pop mit an den Größen der 70er- und 80er-Jahre geschulter Gitarrenfeinarbeit an, Latin scheint als Impulsgeber etwas wichtiger geworden zu sein, aber in einer sehr dekonstruierten Variante. Trap spielt eine atmosphärische Rolle, ebenso 70-Soul, im abschließenden „Aloe Vera“ gibt’s das obligatorische Auto-Tune-Massaker, es trifft auf so eine Art Post-Stereolab-Sleazy-Listening.

Groß denken Bilderbuch eigentlich nur zwei Mal: „Memory Card“ stellt diese seit „Maschin“ ikonisch gewordenen Mizzy-Blue-Gitarrenlicks so sehr ins Zentrum wie kein anderer Song, und „Checkpoint (Nie Game Over)“ besitzt die Lässigkeit, die „Bungalow“ vor bald zwei Jahren zu einem so großen Hit machte. „Wenn du kommst, halt ich dich fest“, singt Maurice hier, man glaubt es ihm gerne. Crazy, sexy, cool.

Bilderbuch: Hört ihr neues Album „MEA CULPA“ hier im Stream:

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Bilderbuchs nächstes neues Album VERNISSAGE MY HEART erscheint im Februar 2019.

Bilderbuch 2018
Hendrik Schneider