Blood Red Shoes

Box Of Secrets

Um eine Geschichte zur Geschichte der Blood Red Shoes war Steven Ansell noch nie verlegen. Von der Wollmütze, die er Laura-Mary Carter mit der Androhung, „Du kriegst das Ding erst wieder, wenn wir uns daheim in Brighton im Proberaum sehen“, gemopst hat, bis zu den blutig getrommelten Fingern und den Nächten, die das junge Duo im Studio gepennt hat, ohne Obdach, ohne Plattenvertrag. Kinder, das sind ja Sachen, die wir eigentlich gar nicht mehr hören wollen. Aber solche Sachen passen allzu sehr zum Alles-oder-nichts-Rock der zwei von der Seaside, die „daheim in Brighton“ als Medienliebchen etwas schräg von hinten angeschaut werden: Ansell, der Drummer und Sänger mit den Ramones-Shirts und Carter, die Sängerin und Gitarristin, die nicht ohne Make-up vor die Türe tritt. Was alles wenig zur Sache tut, Blood Red Shoes können vier Akkorde spielen (das ist etwas mehr als die durchschnittliche Grunge- Referenzband) und das Wörtchen Drama im Pop-Kontext astrein buchstabieren.Das klingt dann in Songs wie „Take The Weight“ und „Doesn’t Matter Much“, als hätte man Nirvana mit Maximo Park vermischt, wie der unappetitliche Polter-Rock, den gerade keiner braucht und jeder jetzt umso mehr bejubelt. Oder wie die White Stripes mit vertauschten Rollen und ohne den Blues, oder die Yeah Yeah Yeahs bei ihrem ersten Disco-Besuch. Die neue Single „I Wish I Was Someone Better“ fährt Punkrock auf four to the floor runter, „It’s Getting Boring By The Sea“, der Song, der letztes Jahr schon den einen oder anderen Insel-Hype angezettelt hat, steht in dieser Sammlung neuerer und älterer Tracks immer noch wie eine Eins. Ein Anti-Brighton-Song ist das noch lange nicht, mehr eine Absage an Szene-Mechanismen und -Erwartungen. Blood Red Shoes haben letztere mit diesem mehrfach verschobenen Album übertroffen, und wenn sie eines Tages mutig aus ihrem Riff-Rock-Labor treten und sich endlich von den schmutzigen alten Rock-Macho-Phantasien befreien, dann, so könnte ich mir vorstellen, werden sie eine ganz große Platte machen.

Frank Sawatzki – 02.04.2008

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