Auf dem europäischen Musikmarkt ist die amerikanische Sängerin Bonnie Raitt noch immer ein Mauerblümchen, obwohl sie mittlerweile schon sechs LPs herausgebracht hat, die ohne Ausnahme das Prädikat „hervorragend“ verdienen. Derzeit gibt es keine bekannte weiße Rockinterpretin, die soviel Blues-Feeling aus den Stimmbändern herausgeholt wie Bonnie Raitt. Gleichwohl ist sie keine typische Blues-Sängerin: Ihre musikalische Heimat findet man – vor allem auf dieser neuen LP – im Spannungsfeld zwischen saftigem Mainstream-Rock, Blues und Country-Rock. Die Intensität, mit der Bonnie Raitt – geboren wurde sie übrigens 1950 in Los Angeles – melancholische Balladen wie Jackson Brownes „My Opening Farewell“ singt, ist beispielhaft. Und was sie und ihre vierköpfige Band aus dem alten Del Shannon-Hit „Runaway“ gemacht haben, wird jeden Hörer begeistern: eine mörderische Bluesrock-Nummer, deren Rhythmus unentwegt pumpt und brodelt und immer haarscharf an einer zu explosiven Verdichtung vorbeigeführt wird.