Dave Holland Quintet – Extended Play

Wo altes perfekt ist, bilden sich keine Lücken. Bei Dave Holland galt diese Binsenweisenheit schon immer. Auch wenn das nächste Lebenszeichen von ihm kam, mit dem er sein Verständnis von Jazz auf eine neue Umlaufbahn schickt. Jedes seiner Alben erreicht dann derartiges Spitzenniveau, dass der Bassist und vor allem der Musiker Holland nur noch als Gesamtphänomen zu würdigen ist. Und jetzt soll tatsächlich sein erstes Live-Album vorliegen! Obwohl doch die Quintett-Aufnahmen Points of view oder prime directive nichts von eingezwängter Studio-Atmosphäre besaßen, sondern Holland scheinbar erst einmal die Wände durchbrochen hat, um für genügend Frischluft zu sorgen. Viel an dieser unmittelbaren, vor Vitalität sprühenden Präsenz hat sich jetzt auf extended play auch nicht verändert. Dieser Doppel-CD, die im November 2001 beim viertägigen Gastspiet im New Yorker Birdland entstand. Mit seinem eingespielten Edel-Team (Robin Eubanks, Chris Potter, Steve Nelson, Billy Kelson) zeigt Holland, dass er auch über altes Material nicht lange diskutiert, sondern es in die Tat umsetzt. So sind die sieben der neun Tracks Fantasien über bekannte Ideen. Zu denen hat das Quintett mit seiner markanten Geschmeidigkeit, Eleganz und Unmittelbarkeit stabile und zugleich schwingende Brücken gebaut. Mit einem latenten Groove, der sich nie muskelbepackt zeigt. Dafür ist dieser Modern Jazz zu immun gegen jedes Posing, gegen jedes Kabinettstückchen. Stattdessen reizen sich hier Melodien, Strukturen und Rhythmen gegenseitig hoch, dass einem um den Inhalt des Jazz von morgen nicht bange sein muss.