Dick & Alex – Dick & Alex
Die Sylvia findet Dick & Alex ganz toll, und Chefredakteur hh gab sein „Mach doch mal“-Plazet, nachdem ich ihm versichert hatte, daß Dick & Alex, obwohl sie aus Köln kommen, nix mit Karneval im Sinn haben – im Gegenteil. Dick alias Heinz Ganss heißt eigentlich Kingsize Dick, was nix mit ’nem Hamburger, aber alles mit rund zweihundert Pfund Lebensgewicht zu tun hat. Und daß Sänger – siehe Meat Loaf – schon mal was dicker sein müssen, damit mehr Luft in sie reingeht, zeigt sich auch bei Dick. Dafür bringt seine Stimme, wenngleich untrainiert, aber auch alles zwischen knabenhaftem Gewisper und bärbeißigem Geröhre Marke angeschlossener Sechzehnender. Daneben spielt Alex Parche (nicht identisch mit dem Kölner Türkrock-Alex) ’ne ziemlich höllische Gitarre, wobeimanmerkt, daß er den Unterschied zwischen effektvollen Riffs/Tricks und sinnleeren Effektheischereien voll kapiert hat. Dahinter agiert ’ne Band, aus der Rolf Lammers‘ Key boards noch hervorragen – prägnant und diszipliniert. Und eh ich’s vergesse: Ingo Bischof, Jürgen Fritz und Markus Stockhausen (der Sohn von Karl-Heinz) wirken auch mal mit.
Was aber ist so toll an der Platte? Nun, zum saftigen Rock singt Dick deutsche Texte, nicht in Slang- oder Szenensprache, sondern in reinem Hochdeutsch – vom „count down des Pfarrers“ mal abgesehen. Udo Lindenberg’s „Wir sind alle so herrlich kaputt“-Feeling sucht man hier glücklicherweise vergebens, und da der Stefan Waggershausen bei der CBS offenbar nicht mehr darf und MariusMüller-Westernhagen lieber Filme dreht, kenn‘ ich eigentlich nur noch einen, der Rock und deutsche Texte so gut mixt: Lothar Meid aus München. Der Kölner Dick singt jedenfalls von Sachen, die wichtig sind, weil sie alltäglich scheinen: Von der Nutte, die den Absprung nicht schafft; vom Lehrer, der Mülltonnen leert, weil’s von seiner Sorte angeblich zu viele gibt; vom entlassenen Strafgefangenen, der wohl zu resozialisieren wäre, wenn die Gesellschaft dabei nicht stören würde; vom Alkohol, der, obwohl gefährliche Droge, immer von Drogen getrennt genannt wird, weil er legal ist und Steuern bringt. Daneben gibt’s das von Steppenwolf’s „The Pusher“ inspirierte „Der Dealer“ und „Balduin, der Vampir“ wird süchtig, weil er ’nen Fixer gesaugt hat. Dick & Alex bringen diese Sachen jedoch ohne erhobenen Zeigefinger, ohne den Anspruch, durch zwei Plattenrillen die Welt verändern zu wollen – und das gerade macht ihren Wert aus. Reinhören, Leute, denn deutschsprachigerRock ist selten und selten so gut.
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