Die Poesie des Biers

„Es will aber die Seite nicht zu Ende gehen, ohne dass hingewiesen werde auf dieses feine, aus guter Gedankengerste gemalzte Büchlein, dieses an Beobachtungen und in der Regel schlüssigen Schlüssen reiche Kompendium (manchmal meta-] menschlichen Schweifens, Schluckens, Sichberauschens, Eingedenkwerdens und Der weltoffenen auges und ohrs gegen übertretens, dessen Autor manchem als Kritiker, Rohrspatz, Feuilletonist bekannt und damit in jedem Falle verkannt ist; ist doch der Roth in erster Linie sein wunderbarer Kleinroman „Unter keinem Wipfel ist Ruh“ hat’s gezeigt ein Erzähler. Kein bloß so genannter, dem die Sprache Vehikel zur Verwertung von alten Taschenkalendern, zerlesenen Ami-Vorlagen und abgeknipsten Fußnägeln wäre, sondern ein echter. Da spielt das Ur-Getränk, ohne das weder eine Literatur noch sonst recht viel denkbar ist, eine Hauptrolle, aber nur eine von vielen. Roth reist und flaniert durch die (nahe) Welt, an der ihn Details und Kleinigkeiten im Abseits interessieren, über die der Mainstream-Schrieb blinden Auges drüberwalzt [um den „Plot“ nicht aus den Augen zu verlieren); da hört und sieht er alles, Orte, Städte, Löcher, Trinkhallen und Menschen: ihre Verrichtungen, ihr Wollen, Sehnen, Philosophieren, Grölen, ihre Blödheiten, Entgleisungen, Tresenstürze, aber auch ihre Liebenswürdigkeit. Manchmal genügen ihm drei, vier Sätze (siehe jene genialen über die „zwei, drei Servietten “ auf Seite 194 f.]. um vielleicht nicht die Welt zu erklären, aber ein wichtiges Stück davon, und den Leser in eine Stimmung zu versetzen, die ich Glück nenne. Es sei noch die Musik erwähnt, die auch vorkommt – der Autor gehört zu den wenigen mir bekannten Menschen, die mit feuchtem Auge und fester Faust zu „Smoke On The Water“ stehen, aber sein Repertoire umfasstauch Oscar Peterson, „hauseigene Blaskapellen“, obskure deutsche Pop-Obskuristen und den Evergreen des Bier-Reisenden: „Im Wageninneren ertönt das liebliche Spiel herumtollenden Leerguts.“ Und damit sei die Seite nun doch und endlich geschlossen.