Herbert Grönemeyer – Gemischte Gefühle
„Gemischte Gefühle“ stellen sich unwillkürlich beim Hören der vierten Grönemeyer-LP ein. Der singende Schauspieler aus Köln hat sein musikalisches Konzept, genährt durch seine Vergangenheit in allen möglichen Bands, inzwischen soweit ausgedehnt, daß man kaum noch eine stilistische Grundidee erkennen kann.
Programmlosigkeit scheint hier zum Stilmittel zu avancieren – und Grönemeyer nutzt die Adaptionen von Reggae, Calypso, Rock ’n‘ Roll und Walzer einmal mehr ausgezeichnet, um seine Geschichten wie Filme zu vertonen. Mit einer kompetenten Rockband im Rücken hat sich Grönemeyer vom Singer/Songwriter mit zuweilen pathetischen Momenten in ziemlich kurzer Zeit zu einem Rockmusiker gewandelt, der seine „Gemischten Gefühle“ beim Streifzug durch den Alltag intensiv zu artikulieren vermag.
Am besten gelingt ihm das noch in musikalisch getragenen und ruhigen Songs wie „Moccaaugen“ und „ONOUR“. Grönemeyer singt von kaputten Beziehungen, von Ausländerfeindlichkeit, überhaupt von Minderheiten („Etwas Warmes braucht der Mensch“) von Konsumsucht („Kaufen“) und den Eigenheiten des kleinen Mannes („Kadett)“. Dabei schwanken seine Aussagen zwischen bissiger Ironie und betroffener Anteilnahme.
Ohne Zweifel haben sich dabei im Vergleich zu seinen letzten Platten Agressivität und Eindeutigkeit verstärkt; Grönemeyer vermeidet Kompromisse, singt über die kaputte Beziehung („Moccaaugen“) nicht wie hundertfach geschehen, sondern gewinnt aus dem bekannten Thema, das er wunderbar arrangiert hat, noch einmal eine neue, bittersüße Erinnerung. „Zum letzten Mal spür ich es kommen, fühl, wie es in die Hose geht. “ Einmal mehr greift Grönemeyer besser als die anderen in den großen Topf der musikalischen Stilmöglichkeiten. Was letztendlich dabei herauskommt, recht allemal aus, um diese LP als seine bisher ausgereifteste und beeindruckenste zu werten.
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