Ian Hunter – Short Back N’Sides

Ian Hunter strikes again. Nach WELCOME TO THE CLUB und der Rocknacht 1980 präsentiert sich Hunter new wavig. Punkbrille, Fetthaare und Streifenjackett signalisieren vom Cover her Veränderungen. Denkt man. Soll man denken? Ein Blick auf die Rückseite verrät darüberhinaus: Mick Jones rangiert neben Mick Ronson, dem alten Hunter-Kumpel, als Coproduzent. Topper Headon, Trommler bei den Clash, taucht ebenfalls auf. Nanu? Nichts da. Hunter bleibt Hunter. Rock’n’Roll for ever. Der Schuster bleibt bei seinen Leisten.

Und der tut gut daran. Wer die Live-Platte WELCOME TO THE CLUB kennt, kennt die Hunter/Ronson-Band und kann sich ausrechnen, was ihn erwartet. Mit Eric Parker, Martin Briley, George Meyer, Tom Mandel und Tommy Morrongiello präsentieren sie soliden Breitwand-Rock’n‘-Roll. Neunzig Prozent druckvoll, den Rest bilden Balladen — mehr oder weniger gelungen. Das Gleiche gilt generell für SHORT BACK N’SIDES. Durchwachsen. Eine illustre Schar von Gästen sorgt für das musikalische Round-Up und beschert dem Album damit eine ganze Reihe gelungener, solider Rocksongs — allerdings auch einen eklatanten Mißgriff. Wieweit möglicherweise Mick Jones daran beteiligt ist, bleibt vorerst Vermutung, wenn auch eine massive. „Leave Me Alone“, ein gräßlicher Song ganz im Holland Pop-Sound ä la Pussycat oder Luv, scheint Jones‘ Handschrift allerdings ziemlich deutlich zu tragen. Seine Vorliebe für derartigen Schund ist spätestens seit seiner Kellerproduktion des letzten Ellen Foley-Albums deutlich geworden. Natürlich ist auch diese Dame dabei. Zum Glück diesmal nur als Background-Sangerin.

Mit Gary Windo, Roger Powell und Todd Rundgren dagegen hat Hunter einen guten Griff getan. Die drei von Utopia bescheren in Instrumentarium und Produktion mit „I Need Your Love“ dem alten Kämpen Ian Hunter einen echten Hit. Von Rundgren springsteenesque produziert — ein echtes Highlight auf dieser Platte. Auch noch gut mit viel Atmosphäre und ein bißchen Lou Reed-Air kommt „Rain“ sehr schön rüber. „Gun Control“ mit anderer Besetzung (Mick Baraken, Wells Kelly und John Holbrook) eingespielt, könnte ein zweiter Hit werden. Wenn schon Hunter, dann so. Versetzte Rhythmen, sparsame Gitarre und guter Backup-Chor: SHORT BACK N’SIDES ist beinah gelungen.

Hunter ist vital, ein konsequenter Rock’n’Roller, der Einfälle und Mick Ronson hat. Mick Jones hätte er aus dem Spiel lassen sollen.