Ja, Panik

Futur II (Autobiografie)

Die Autobiografie als möglicherweise letztes Kapitel: so erhellend und verdunkelnd, so tiefsinnig und zerstreuungsliebend wie die Gruppe Ja, Panik selbst.

„An Philipps Oberschenkel hing noch ein Hecht, der sich im Laufe der Nacht dort festgebissen hatte. Aber die Stimmung war recht ausgelassen. Ich genoss meine heiße Blunzn mit Kren, dazu trank ich Cola-Rot. Ich hustete eine weiße Großtrappenfeder aus. Die Polizei hat uns dann zum Bus begleitet.“

Anlässlich ihres zehnjährigen Bandjubiläums schaut die Gruppe Ja, Panik zurück – auf 265 teils nackt absolvierte Konzerte etwa –, voraus, um mehrere Ecken herum und sich selbst verwundert im Spiegel an. Ihrem dem Eindeutigkeit liebenden Deutschen so schwer vermittelbaren Dualismus bleiben sie dabei treu: Begleiteten sie 2011 ihr alles zersetzendes Albums DMD KIU LIDT mit einem „großen bunten Kochbuch“, einem schwarzweiß gedruckten Guerilla-Heftchen mit abwegigsten „Rezepten“, so stehen sich in FUTUR II zahlreiche nie erlebte Absurditäten wie die eingangs erwähnte und radikal ehrliche Abhandlungen über die eigene, prekäre Situation gegenüber. Selbst der, der sich nicht für die Musik der österreichischen Berliner interessiert, erfährt hier mehr als irgendwo sonst darüber, was es heißt, im 21. Jahrhundert hierzulande eine Indie-Band zu sein. Im Falle von Ja, Panik bedeutet das, trotz überschwänglichen Kritikerlobs für jedes ihrer fünf Alben bis heute kollektiv 5 000 Euro mit Plattenverkäufen verdient zu haben.

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Erzählt wird der simultane Rise and Fall mittels historischer E-Mails, die von der Idee zur Umbenennung der Band von Flashbax in Ja, Panik im Jahr 2005 bis zu unmittelbar an die Gegenwart grenzenden Diskussionen mit den Verlegern des vorliegenden Buchs reichen. Schlagzeuger Sebastian Janata und Bassist Stefan Pabst berichten dazu – schreikomisch – von ihren Ausgrabungen in den vieleckigen Ja, Panik-Archiven, während Keyboarderin Laura Landergott Ex-Mitglieder und Wegbegleiter dieser „überaffektierten Querulant*innen und verkopften Unruhestifter*innen“ interviewt. Mastermind Andreas Spechtl unterzieht diese Geschichten dann gedankenschweren Prüfungen. Doch auch die Zukunft wird nicht verschont. Immer wieder streut Spechtl Hinweise darauf, dass Ja, Panik vorbei sind. So groß dieser Verlust wäre, so hinterließe diese Gruppe doch ein Werk, das in seiner Bedeutung und Kompromiss­losigkeit absolut einzigartig ist.

https://www.youtube.com/watch?v=4o8fXW2vhGY