Lio – Amour Toujours

Als Lio mit süßen 16 hier vor zwei Jahren mit „Amoureux Solitaires“ ihren großen Hit hatte, war sie Identifikations-Objekt für selbstbewußte Mädchen, aber auch Zielscheibe erotischer Wunschvorstellungen gesetzterer Herren (Harald Juhnke konnte sich seinerzeit nicht einkriegen vor Begeisterung, als er sie in seiner Show präsentierte). Dann verschwand sie und tauchte nur kurz im letzten Jahr auf mit einer charmanten, aber erfolglosen Single („Mona Lisa“).

Ihr neues Album dürfte es ebenfalls schwerhaben. Es fehlen darauf die vordergründigen, leichten Animiermelodien, die nach landläufiger Meinung Hits ausmachen. Selbst die ausgekoppelte Single „Zip A Doo Wah“ klingt beim oberflächlichen Hören etwas bemüht (inzwischen möchte ich sie jedoch nicht missen, auch in der etwas längeren 12inch-Version (vor allem aufgrund der drei exquisiten Songs der Rückseite).

Doch diese Platte erschließt sich erst später, besonders die zweite Seite, auf der Lio als mädchenhaft verträumte Chansonette bezaubert. Großen Anteil daran hat natürlich ihr unwiderstehlicher, französischer Charme (also sei dem abzuraten, der Aversionen gegen alles Frankophile hegt).

Musikalisch werden keine Bäume ausgerissen, alles schwingt leicht mit Klimperklavier, melancholischem E-Piano, Akkordion, dezenten Bläsern und den omnipräsenten Geigenteppichen im fast schon antiken 60er-Gewand – alles optimal einfühlsam produziert. Einzig das Schlagzeug sollte bisweilen etwas dezenter sein.

Ein kleines Juwel, das schwebt zwischen Chanson (in Edith Piaf-Tradition) und modernem Pop.