The Strokes :: Is This It

Gerade mal 20, gerade mal die ersten Songs auf Platte, und schon lassen die Strokes ihre Mitbewerber alt aussehen.

Schwarzer Lederhandschuh auf bestens konditioniertem Frauenhintern? Prima Cover für das, was drin ist. Die Strokes brillieren auf ihrem ersten Album (als Importprodukte sind zusätzlich eine EP und eine Single erhältlich; siehe Discographie) mit einer Mischung aus ruppigem Citarrenrock (schwarzes Leder) und sinnlicher Melodik (Frauenhintern). Wobei die Hand im dazugehörigen Schuh deutlich dominiert. Soll heißen: Wer Süßliches erwartet, sollte lieber die Finger von den Strokes lassen, denn auf dieser Platte haben die Gitarren das Sagen – mindestens im mittleren Tempo, meist aber schon im deftigen Drive. Da wird in bester Velvet Underground-Manier geschrammelt, dass dem Zuhörer Herz und Hose aufgehen. Britische Blätter sehen auch Parallelen zu den Ramones selig, zu den Smiths, zu Blur oder Television. Und da ist auch was dran. Aber wie meistens, so hinken auch hier alle Vergleiche. Die Strokes sind die Strokes. Und das ist verdammt gut so. Denn obwohl sich in ihren Songs manches findet, was uns in bester Erinnerung ist, verfügen die Amerikaner doch über eine erfrischend eigene Identität. Mit jugendlicher Unbekümmertheit (die fünf Burschen aus New York sind gerade mal Anfang 20) haben sie schon mal Gehörtes mit eigenen Ideen derart geschickt kombiniert, dass dabei glatt etwas Eigenes herausgekommen ist. Etwas Eigenes? Ach was! Eine rundum glücklich machende Rockplatte haben die Strokes uns beschert (siehe auch Seite42). Losgeht’s mit „Is This It“,dem Titeltrack des Albums. Ein von Sänger Julian Casablancas in nöliger Lakonik vorgetragener Song für den hochprozentigen Absacker in der Neonbar. Aber schon im zweiten Titel auf ihrem Debütalbum treten die Strokes ordentlich aufs Gaspedal.“The Modern Age“ klingt nicht nur stimmlich nach bester New Yorker Schule und ihrem großen Mentor Lou Reed. Es folgt „Soma“, etwas verhaltener, dafür aber mit jenem amerikanischen Charme gesegnet, den man in der Alten Welt so gern als Oberflächlichkeit schmäht. „Barely Legal“, Track Nummer 4 auf Is This It, besticht im Mittelteil mit einem Melodiebogen, der selbst großen Beatbands (nein nein, nicht gleich die Beatles bemühen) einigen Respekt abgenötigt hätte. Weiter geht’s mit einem Song, der auch als Single (wenn, ja wenn das Radio sich denn bequemen könnte) allerbeste Chancen hätte-eine hinreißende Melodie paart sich mit einer eher sanft gespielten Rhythmusgitarre. Doch damit genug der Beispiele, denn in dem geschilderten Stil geht’s konsequent weiter auf diesem Debüt, das zum Besten zählt, was das Musikjahr 2001 bisher hervorgebracht hat. Oder hat jemand in den vergangenen Monaten schon eine so patent unprätentiöse Popnummer wie „Trying Your Luck“ gehört? (Song Nummer 10 von 11 auf Is This It verewigten Perlen). Ob all dies rechtfertigt, dass der „New Musical Express“ mit Blick auf die Strokes von der aufregendsten New Yorker Band seit 25 Jahren spricht, sei dahingestellt. Einen vernünftigen Zweifel daran, dass mit den fünf jungen Männer aus Manhattan etwas ganz Besonderes heranwächst, kann es indes nicht geben. Wenn es in den Charts Raum gibt für Limp Bizkit und Linkin Park, für Rammstein und Eros Ramazzotti, dann müsste es schon mit dem Teufel zugehen, wenn es nicht auch für die Strokes einen Platz an der Sonne gäbe. Sie hätten ihn verdient. Denn es passiert nicht allzu häufig, dass Rock und Pop mit sehr viel kommerziellem Appeal nicht gleichzeitig dümmlich daherkommt. Den Strokes jedenfalls ist das Kunststück geglückt, Eingängigkeit und Anspruch zu verbinden. Wer sie sich ins CD-Regal stellt, braucht unverhofften Besuch nicht zu fürchten. Denn mit dieser Band kann der gestandene Rock’n‘ Roller genauso viel anfangen wie der verwöhnte Pop-Fan. Dass die jungen Strokes über Probleme des Erwachsenwerdens singen, wer mag es ihnen schon verdenken?