Nein und nochmals Nein: Das Wort „Kult“ sollte einem nicht über die Tastatur gehen, denn ein allzu vorlauter Marketing-Sprech hat es längst entwertet. Mittlerweile ist ja alles und jeder irgendwie Kult. Dämliche Fernsehserien, schlechte Sänger, unlustige Comedians und dumme Film-Sequels. Machen wir dennoch eine Ausnahme: „Tintin“ (so der Originaltitel), die Comicserie des Zeichners und Texters Herge, ist nicht nur Belgiens dauerhaftester Beitrag zur Popkultur, sondern Kult ohne wenn und aber. Vor 75 Jahren erschien der erste Band, zur Höchstform gelangte Herge in den 40er und 50er Jahren: Er verfasste klassische Abenteuergeschichten rund um Reporter Tim und seinen Hund Struppi, brillant gezeichnet und nicht zuletzt stilprägend für das ganze Comic-Genre – seine legendäre „ligne claire“ begründete eine eigene Schule und beeinflusst noch heutige Zeichner. Anfang der 90er Jahre entstanden in Frankreich und Kanada insgesamt 39 etwa halbstündige Trickfilme, basierend auf 21 Originalgeschichten und liebevoll umgesetzt. Zehn davon sind nun auf der Vierer-Box DVD COLLECTION 1 enthalten, und zwar „Die Zigarren des Pharaos“, „König Ottokars Zepter“, „Die schwarze Insel“. „Der Arumbaya-Fetisch“, „Der Fall Bienlein“, „Der geheimnisvolle Stern“, „Tim in Tibet“, „Tim und die Picaros“, „Im Reich des schwarzen Goldes“ sowie „Kohle an Bord“. Kinderkram? Ganz und gar nicht. Legt man heutige Action-Maßstäbe zugrunde, dann sind die humanistisch geprägten Stories natürlich verhältnismäßig unspektakulär, Da seilen sich keine muskelbepackten Elitekämpfervon Hubschraubern in ein Flammenmeer ab, da wird nicht mit Großkalibrigem geballert, und Sex spielt überhaupt keine Rolle. Tim und Struppi sind liebenswert altmodisch, fliegen in Propellermaschinen, pflegen Umgang mit verschrobenen Wissenschaftlern und einer nervtötenden Operndiva, jagen Geldfälscher, Kunsträuber, Diktatoren und Drogenhändler, kämpfen also für das Gute und trotzen trickreich allen Widerständen. Ganz wunderbar ist das. Und als Film fast so gut wie als Comicband.

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