Sade


So exotisch, so ätherisch und zerbrechlich - kein Wunder, daß die Frau wie ein Sturm über die Medienlandschaft fegte. Und da sie obendrein auch noch unbestreitbares Talent mitbringt, war der Übernacht-Erfolg nur eine Frage der Zeit. An den Folgen des Erfolges aber hat die 24jährige Tochter eines Nigerianers und einer Engländerin nun hart zu knabbern. Ob der unlängst verhängte Interview und Foto-Stop da weiterhilft? Die Gefahr besteht, daß sich Sade Adu in ihrem Glashaus völlig isoliert. Dabei konnte Ingeborg Schober im Gespräch feststellen, daß die Märchen-Prinzessin durchaus aus Fleisch und Blut besteht.

ME/Sounds: Kannst du dich an dem allererstes Interview erinnern?

Sade: „Das war für den ‚NME‘ mit meiner früheren Gruppe Pride. Mindestens vier von uns waren anwesend – und Interviews scheinen wirklich unmöglich, wenn mehr als eine Person antwortet. Dieses Interview gehört mit zu den beängstigendsten Erlebnissen, die ich hatte: Alle redeten durcheinander und widersprachen sich ständig.

Doch das schlimmste Interview hatte ich kürzlich in Italien. Die Italiener scheinen ja ein merkwürdiges Verhältnis zu Zahlen zu haben. Jedenfalls waren drei Interviews ausgemacht, doch plötzlich saßen da mindestens 15 Personen um einen riesigen Tisch – und dazu noch die Fotografen.“ Dabei kann einfach nichts herauskommen.

ME/Sounds: Was für ein Gefühl hast du vor Interviews?

Sade: „Mhm, ich habe ja eigentlich nichts gegen sie. Es ist eher so ein Gefühl, als ob ich Sonntagabend in die Schule zurück müßte, weil ich meine Hausaufgaben nicht gemacht habe. Sonst ist es o.k.“

ME/Sounds: Ist die Band nicht eifersüchtig, daß sich der ganze Presserummel auf dich konzentriert?

Sade: „Ich glaube eher, die sagen sich: ,Gott sei Dank! Wir können in der Sonne oder der Sauna liegen, während die arme Sade alle Interviews machen muß.‘ Es war ein gemeinsamer Beschluß, um Konfusion zu vermeiden.

Die Journalisten steuern sowieso immer auf den Sänger oder die Sängerin zu, weil die nun mal auf der Bühne im Vordergrund stehen. Das heißt nicht, daß ich deshalb wichtiger als die anderen bin. Ist kein Sänger da, trifft es den mit dem Hauptinstrument.

Nein, die Band ist durchaus nicht verunsichert, warum auch? Gäbe es solche Eifersüchteleien und Ego-Streits, könnten wir nicht zusammenarbeiten. Wir sind Freunde, die zusammen arbeiten und sich respektieren. Und jeder macht das, was er am besten kann. Es gibt keine Eifersucht. Das behaupte ich nicht nur, das weiß ich. Die sind ganz schön froh, daß sie damit nichts zu tun haben.“

ME/Sounds: Arbeiten sie vielleicht in dieser Zeit an neuen Stücken?

Sade: „Das bezweifle ich. Vielleicht sollte ich mal anrufen und fragen? Nein, im allgemeinen schreibe ich ja die ganzen Texte und die Haupt-Melodien. Andrew beginnt gerade damit, mal ein bißchen mehr zu tun, aber zum Texten fehlt ihm noch das Selbstbewußtsein. Das kann sich ja noch ändern. Ich genieße das Songschreiben richtig, das ist so aufregend.“

ME/Sounds: Brauchst du dafür eine besondere Atmosphäre?

Sade: „Ach was, das kann überall passieren. In meiner derzeitigen Wohnung gibt es ein Zimmer, wir nennen es ‚the boys bedroom‘ das ist vollgestopft mit Landkarten, Globen, Büchern, Schreibmaschinen, Tonbändern, Gitarren – und deshalb mag jeder diesen Raum so gern.

Nur ich nicht. Er schüchtert mich ein, dieser Schreibtisch, der nur drauf wartet, daß man Songs darauf verfaßt. Da bleib ich lieber in der Küche, putze Gemüse und schäle Kartoffeln.

Neulich kam Stuart mit dieser total kaputten Gitarre, die nur noch fünf Saiten hat, und sagte: ,lch hab da ne Melodie.‘ Ich hab gesungen – und er ein paar Akkorde ausprobiert, während ich in der Küche rumlümmelte, die Beine auf dem Heizkörper.

Da kann ich unheimlich sentimental werden, das sind die besten Momente, da entstehen die Songs ganz natürlich.“

ME/Sounds: Du spielst kein Instrument?

Sade: „Ich kann ein bißchen auf dem Klavier herumklimpern, aber nichts, worauf Yehudi Menuhin stolz wäre. Die meisten Melodien entstehen in meinem Kopf; ich sing sie dann auf einen Cassettenrecorder oder Stuart vor, der sie dann auf der Gitarre umsetzt.

Als Ganzes entstehen die Songs dann doch von uns allen, ein paar, wie ,Smooth Operator‘ oder ‚Your Love Is King‘, stammen sogar noch aus der Pride-Periode.“

ME/Sound: Sade und der Erfolg, ist das eine Art Pop-Cinderella-Story?

Sade: „Ja, vom Aschenputtel zur Prinzessin, die Übernacht-Sensation. Nein, so war’s wirklich nicht. Ich glaube, ich hab schon meinen Preis dafür bezahlt. Wir haben von der Hand in den Mund gelebt, ohne Agentur haben wir in Nordengland alle Clubs abgeklappert, überall da gespielt, wo’s Fans gab, die Soul und Tanzen mochten.

Nachts hab ich den Tourneebus gefahren; Autopannen und Anschieben, das kenn ich alles. Eigentlich sollte der Schlagzeuger den Bus fahren, aber der war regelmäßig betrunken.

Aber es stimmt schon, es ging ziemlich schnell mit dem Erfolg. Aber weil ich so viel Kraft und Energie und auch Zeit reingesteckt habe, sind meine Erwartungen entsprechend hoch. Auch von mir erwarte ich viel.“

ME/Sounds: Wie lange hat es denn nun gedauert, wenn du zurückblickst?

Sade: „Von meinem ersten Auftritt als Sängerin bei Pride ungefähr drei Jahre und die waren wirklich nicht einfach. Das klingt vielleicht abgedroschen, aber man bringt doch eine Menge Opfer, um schließlich das machen zu können, was man will. Es bestimmt plötzlich dein ganzes Leben und du gibst dafür ganz normale, private Dinge auf.

So ist die Zeit, die ich früher so gern in Clubs verbracht habe, drastisch zusammengeschrumpft. Ich habe mich für die Musik entschieden – und folglich kann ich nicht mehr so viel ausgehen. Stattdessen sitz ich abends um 21 Uhr in Hotelzimmern und gebe Interviews, würde aber vielleicht lieber Fernsehen oder mit Freunden zusammensitzen.“

ME/Sounds: Das klingt so, als würdest du die Folgen des Erfolgs doch ein wenig bedauern?

Sade: „Nein, ich genieße die Sachen, die direkt mit der Musik zu tun haben: Song schreiben, Singen, Konzerte, Proben. Und die anderen Dinge wie Interviews oder Fernsehshows, die muß ich akzeptieren, weil sie mir das andere ermöglichen. Nur manchmal, da wünsch ich mir, ich hätte mehr Zeit, gar nichts zu tun. Das mag ich nämlich wirklich gern – gar nichts tun.“

ME/Sounds: Wie läßt sich das denn alles mit deinem Image in Einklang bringen, dem eleganten Luxusgeschöpf, das nicht von dieser Rock’n’Roll-Welt ist?

Sade: „Das ist natürlich ein bißchen klischeehaft. Ich liebe gestylte Dinge, aber nicht in so Kategorien wie Skifahren in St. Moritz und Sommerferien an der Cote d’Azur, Sportwagen usw. So ein Image ist mir zu billig. Wie die meisten Leute mag ich halt gute Dinge.

Dieses Image mag ja in der Vorstellung mancher Leute existieren, aber ich fände es schrecklich langweilig, wenn ich wirklich so ein Leben führen müßte: goldene Wasserhähne und pinkfarbene Roben, uuhh!

ME/Sounds: Und was ist mit deiner Mode-Karriere?

Sade: „Ich habe drei Jahre lang auf St. Martins, einer Kunsthochschule in London, Mode-Design studiert. Danach habe ich Herrenkleidung entworfen und mit einer Freundin eine kleine Firma gegründet. Es war hoffnungslos, weil wir nie genügend Geld machten.

Die Stoff-Industrie, die ganze Modebranche, ist eine Lobby. Wenn niemand hinter dir steht, dann gibst du Unsummen aus und verdienst nichts. Na, gottseidank kam dann die Musik.

Nicht, weil ich da eine Zukunftsperspektive gesehen hätte – etwas, mit dem ich überleben konnte, sondern weil es ein Ausgleich zu diesem Druck war, den ich durch diese Modegeschichte hatte.“

ME/Sounds: Wenn du heute entscheiden könntest, war’s dann Mode oder Musik?

Sade: „Musik. Modeentwurf ist eine theoretische Sache, durchaus kreativ und aufregend. Aber im praktischen Teil mußt du dann ein verdammt harter Geschäftsmensch sein, was ich nicht bin. Und bei der Mode wird Geld deine eigentliche Inspiration und Motivation, weil du immer über den Käufer nachdenken mußt.

Songschreiben ist völlig anders. Ich kann völlig extravagant oder realistisch sein, ich brauche nicht über den Käufer nachzudenken, zumindest tu ich das nicht. Ich bin einfach nicht zur Geschäftsfrau geboren, ich will nur gut leben, das wollte ich schon immer. Ich wollte schon immer einen geheizten Handtuchständer in meinem Badezimmer.“

ME/Sounds: Und, hast du jetzt einen?

Sade: „Haha, nein, aber ich werde mich jetzt mal ernsthaft nach einem umsehen.“

ME/Sounds: War Musik schon als Kind eine Leidenschaft von dir?

Sade: „Oh ja, aber ich wollte eigentlich nie Sängerin werden. Musik spielte aber eine wichtige Rolle; schon mit 14 war ich ein versessener Plattenkonsument.“

ME/Sounds: Kannst du dich noch erinnern, welche Platten du zuerst gekauft hast?

Sade: „Diana & Marvin und The Love Twins‘ glaube ich. Und eine der ersten, die ich geliebt habe, war DIANA WASHINGTONS GREATEST HITS, die gehörte meiner Mutter. Mein Vater hatte sie ihr geschenkt. Sie besaß auch noch eine mit Count Basie und Frank Sinatra zusammen. Und dann noch eine schrecklich billige Sampler-Platte SWINGIN‘ SAFARI, konnte man bei Woolworth kaufen.“

ME/Sounds: Keine Rockmusik, keine großen Idole aus diesem Bereich?

Sade: „Eigentlich nicht. Von den englischen Musikern mochte ich nur Bryan Ferry und noch eher David Bowie, aber auch nur YOUNG AMERICANS und STATION TO STATION. Diesen „Ziggy Stardust“-Kram mochte ich nie, der war mir zu rockig.

Und Van Morrison, aber der ist ja Ire. Der hat eine Menge Soul. Aber britischer Pop im allgemeinen? Nein.“

ME/Sounds: Kam das durch deine Familie, Umgebung oder was?

Sade: „Nein. Ich hab nur sehr früh angefangen, Soul-Clubs zu besuchen. Als ich so 16 war, da war ich noch in einem Pop-Club und hörte „Young Hearts Run Free“ – und das stach so aus der anderen Musik hervor, damit hat es angefangen. So bin ich mit Soul und Funk aufgewachsen. Schwarze Musik gefällt mir einfach. Die schwarzen Sänger klingen alle irgendwie anders, haben mehr Gefühl, es ist mehr physische Präsenz in der Stimme.“

ME/Sounds: Hast du gerne getanzt?

Sade: „Oh ja! Neben mir sahen die Hip Hop-Boys wie Großväter aus. Leider komm ich dazu auch nicht mehr; und auf der Bühne trage ich hohe Absätze – und damit kann ich überhaupt nicht tanzen.“

ME/Sounds: Kannst du dich noch erinnnern, was das für ein Gefühl war, als du dein eigenes Album DIAMOND LIFE zum ersten Mal in der Hand hattest?

Sade: „Als erstes habe ich nach Preßfehlern gesucht, weil auf dem Master entsetzliche Unsauberkeiten waren.

Außerdem war meine Reaktion leicht verzögert, denn ich war wohl die letzte, die davon ein Exemplar bekam. Natürlich hat jeder bei der Plattenfirma gedacht, ich hätte längst eine! Und dadurch kam keiner auf die Idee, mir eine zu schicken.

Objektiv konnte ich auch nicht reagieren, ich hatte ja gut zweieinhalb Jahre an den Songs gearbeitet.

So richtig überrascht war ich also nicht. Wenn du ein Kind erwartest, vergehen auch neun Monate; und dann kannst du dir auch vorstellen, wie es ungefähr aussehen könnte. Jedenfalls war es nicht so viel Spaß, als wenn ich irgendwo im Laden eine andere Platte gekauft hätte. Ich war wohl etwas konfus.“

ME/Sounds: Haben sich die Beziehungen zu deinen alten Freunden verändert?

Sade: „Überhaupt nicht. Ich respektiere meine Freunde und halte sie für intelligent. Denn wenn diese Sache unser Verhältnis ändern würde, dann müßte da eine ganz schöne Portion Dummheit am Werke sein. Sie kennen mich gut genug; ich bin immer sehr ehrlich.

Und deshalb kann sie so was nicht sonderlich beeindrucken. Und wenn sie beeindruckt sind, dann waren sie es schon vorher. Was nichts mit unseren Jobs und Karrieren zu tun hat.

Aber das Verhalten von den sogenannten guten Bekannten hat sich verändert. Und dann behaupten sie, daß ich mich verändert hätte; in Wirklichkeit verhalten sie sich anders!

Und natürlich ganz fremde Leute. In einem Club beispielsweise gibt es zwei Arten: Die einen sind wirklich total freundlich und lieb und rauschen mit ihren Komplimenten mitten in deine intimsten Gespräche, weil sie begeistert sind.

Die anderen starren dich ganz unverholen an – mit so einer aufgesetzten Protesthaltung von ‚Na, wer bist du denn eigentlich?‘ Obwohl du weder was gesagt noch getan hast, sondern ganz unschuldig an der Bar stehst und auf deinen Drink wartest! Aber die scheine ich offensichtlich am meisten beeindruckt zu haben, sonst würden sie nicht so schroff reagieren.“

ME/Sounds: Und deine Familie?

Sade: „Mein Bruder sagt immer: ‚Sade, wenn du mal reich bist, dann kaufe mir doch einen Bauernhof in Mittelspanien.‘ Und meine Mutter ist natürlich hell begeistert, weil sie ja mitbekommen hat, wie lange ich um diese Sache gekämpft habe. Sie freut sich für die ganze Band. Wahrscheinlich ist es für sie viel aufregender als für uns alle zusammen.“

ME/Sounds: Willst du denn einen Bauernhofin Mittelspanien?

Sade: „Nein, lieber eine Wohnung in Haringate in Nord-London, wo ich jetzt schon wohne. Vielleicht ein bißchen komfortabler.“

ME/Sounds: Hast du immer noch Lampenfieber?

Sade: „Ja!“

ME/Sounds: Und kennst du irgendwelche Tricks dagegen ?

Sade: „Nein, keine Chance. Dagegen scheint es kein Mittel zu geben. Wenn ich vorher etwas trinke, werde ich nur noch nervöser, weil ich denke, daß ich wahrscheinlich die Texte vergessen werde und nicht mehr weiter weiß. Kein Alkohol, keine Drogen.

Aber die Nervosität ist auch etwas Gutes. Ich zum Beispiel finde es schrecklich, wenn ich ein Konzert von einem anderen Künstler besuche, der dann auf der Bühne total blasiert ist. Nein, das ist nicht das richtige Wort.

Ich kann es dir an dem Beispiel mit Donna Summer erklären: Ich habe sie kürzlich im Fernsehen bei einer großen Show gesehen. Sie stand vor dieser Menschenmenge, sang brillant, aber sie wirkte auf mich, als ob sie grade beim Abspülen in der Küche stände. Sie war nicht die Spur nervös oder aufgeregt oder etwa ängstlich. Und ein bißchen Angst kann manchmal ein Plus für dich auf der Bühne sein, weil du dann einfach mehr Einsatz bringst.

Ich glaube, ich werde mein Leben lang nervös bleiben, weil ich immer zweifle. Und diese Zweifel würden auch nicht verschwinden, wenn ich plötzlich ganz groß und super würde. Meine Nerven würden dadurch auch nicht besser.“

ME/Sounds: Und was wäre das Schlimmste, was dir kurz vor einem Auftritt passieren könnte?

Sade: „Wahrscheinlich, wenn meine Mutter hinter die Bühne käme und mir Tratsch über die Nachbarn und solche Sachen erzählen würde. Also, ganz schlimm für mich ist wirklich, wenn eine Menge Leute um mich herum sind, die nicht dazugehören. Ich meine nicht die Band, das ist ja klar. Aber die Zeit kurz vor dem Auftritt ist für mich ein sehr privater, intimer Moment.

Danach ist es mir egal, da kann reinkommen, wer will. Tun sie ja auch meistens. Und wirklich schrecklich wäre natürlich, wenn vor dem Auftritt jede Menge Leute hinter die Bühne kämen, nur nicht meine Musiker, entsetzlich.“

ME/Sounds: Hast du dich inzwischen an das Leben in Hotelzimmern gewöhnt?

Sade: „Also, dieses hier ist gar nicht so übel. Manche sind ein bißchen wie Operetten-Theater. Oder aber du hast das Gefühl, jetzt kommt gleich die Krankenschwester um die Ecke und bringt ein paar Schlaftabletten. Manche Zimmer machen mir wirklich ein bißchen Angst, vor allem anfangs. Wenn du dann mal drin bist und deine Sachen verstreut hast, dann wird’s vertrauter.

Also entweder mag ich Hotels, die wirklich chic und komfortabel sind, ober die total gemütlichen mit dem Zimmermädchen, das eine Zigarette im Mundwinkel hat, wenn sie dir den Tee serviert.

Was ich wirklich hasse, sind jene, die so tun als ob. Wenn du reinkommst, denkst du noch: ‚Oh, super!‘ Und dann rufst du den Zimmerservice – und zwei Stunden später kommt vielleicht eine Tasse Tee mit einem dicken Fettfilm obendrauf. Da ist mir eine schäbige Zimmereinrichtung lieber, wenn die Freundlichkeit alles wettmacht.“

ME/Sounds: Du gehst gern in Clubs zum Tanzen, gehst du auch gern in Bars?

Sade: „Oh ja, vor allem in Hotelbars, die haben meist mehr Atmosphäre und man kann dort auch unheimlich gut Leute beobachten. Das macht mir Spaß. Man kann sich Geschichten über die Leute ausdenken, wo sie herkommen, was für einen Beruf sie haben.

Zum Beispiel der Bar-Pianist hier im Hotel. Wo kommt der her? Übrigens, die meisten Bar-Pianisten scheinen die gleiche Stimme zu haben. Manchmal überkommt mich sogar das Gefühl, daß es immer die gleiche Person ist. Ein Bar-Pianist, der per Lear-Jet von Hotel zu Hotel fliegt, rund um die Welt. Du kommst an, aber er ist schon vor dir da.“

ME/Sounds: Was macht dir sonst noch Spaß?

Sade: „Essen, esen macht unheimlich Spaß. Japanisches Essen. Fernsehen und Fotos mag ich eigentlich überhaupt nicht. jede Art von Kamera irritiert mich. Wenn sie so nah an dein Gesicht rangehen und mit der Linse davor rumfummeln – das wirkt so lächerlich. Aber es muß halt wohl sein.“

ME/Sounds: Du hast gerade bei Julien Temple eine kleine Sache in seinem neuen Film gemacht, interessierst du dich für Film?

Sade: „Julien dreht gerade in London seinen neuen Spielfilm „Absolutely Beginners“. Dafür habe ich zusammen mit Simon Booth von Working Week ein Lied geschrieben: „Killer Blow“. Und damit trete ich kurz als Sängerin auf.

Aber andere Filmangebote lehne ich ab, Sachen, wo ich schauspielern soll. Heute Abend waren zwei Leute hier, die ich nicht kannte. Ich weiß auch gar nicht, wie sie heißen und was sie machen. Das interessiert mich nicht.

Die Band und ich, wir haben noch einen so weiten Weg vor uns, daß ich im Moment überhaupt keine Zeit und kein Interesse habe, andere Dinge anzufassen. Meine augenblickliche Situation soll nicht zum Vehikel für andere Dinge werden. Ich habe noch keine Hollywood-Sternchen in meinen Augen.“

ME/Sounds: Und was sind die nächsten Pläne?

Sade: Der wichtigste, und der beflügelt mich am meisten, die Möglichkeit, endlich mal Urlaub zu machen. Ich will weg, weil ich unbedingt Ruhe brauche, um neue Songs zu schreiben. Ich habe Hunderte von Ideen in meinem Kopf, aber die muß ich erst mal sortieren und mit Stuart durchsprechen.

Weihnachten werde ich meinen Vater und seine Verwandten in Nigeria besuchen und meine Mutter und meinen Bruder mitnehmen. Das wird so eine Art Familienzusammenführung, meine Mutter ist sei 20 Jahren nicht mehr dortgewesen, ich seit fünf.

Dann kommt wahrscheinlich eine USA-Tournee zur Veröffentlichung der LP. Und ich kann nur hoffen, daß wir im Februar das neue Album einspielen. Ich bin einfach gerne im Studio.“