„Staunen non-stoppo“


Jedes dieser Bilder erzählt eine Geschichte. Nur welche? Wir haben nachgefragt. Heute: Nina Hagen

Nina Hagen 1974 mit ihrer ersten Band Automobil bei einem Fernsehauftritt: Wieviel Punk steckte da schon in ihr?

Wir hatten damals fünf Songs aufgenommen, einer hieß „Hey, wir fahren aufs Land“, ein anderer „Komm, Komm“, ein anderer ging so (singt): „Was denn, was denn, sagen sie mir, was soll mir das denn sagen / Was denn, was denn, sagen sie mir, bin ich denn ein … dummes Kalb…“ Geile Songs haben wir gemacht, aber die haben nur unseren „Farbfilm“ gespielt. Der „Farbfilm“ war eine Art Schlagerverscheißerung. Ich wollte schon immer Rockmusik machen, aber ich wollte auch kommerziell bleiben, so dass ich es schaffe, in den Westen zu kommen. Aber der Punk steckte schon seit der Geburt in mir, denn der Punk ist amazing grace in a stinky rotten place. Und dieser Planet hier unten ist oft sehr stinkig, sehr verrottet, besonders, was die Menschen betrifft, die sich gegenseitig unterwandern, verpetzen und verraten.

Durch eine Drogenerfahrung findet Nina Hagen zu Gott.

Ich war 17 Jahre alt und wollte über Polen in den Westen abhauen, lange Geschichte. Ich habe dort häufig in den Kirchen gebetet. Als ich zurück zu Hause war, haben mich meine Freunde aus Polen besucht und LSD mitgebracht. Ich wusste, dass man auf LSD keine Kontrolle mehr hat, dass man so zu Gott finden kann. Wir haben uns in der DDR oft darüber unterhalten, wie LSD wirkt, das war Gesprächsthema Nummer zwei – Thema Nummer eins war Republikflucht. Auf diesem Trip war ich woanders, ich habe die Wahrheit gesehen, die Welt verstanden und Jesus kennengelernt. Und seitdem war er immer an meiner Seite.

Als Jurymitglied in der Castingshow „Popstars“ sorgte Nina Hagen 2006 für frischen Wind.

Ich fand Casting-Shows immer furchtbar. Die armen Menschen, die dort vorgeführt werden, alles war so falsch. Ich wollte das ändern. Die Sendung hatte noch nie so hohe Einschaltquoten, denn wir haben uns mit Liebe beschenkt, mit Staunen non-stoppo und Respekto. Dort sind Dinge entstanden, Freundschaften fürs Leben. Es war eine sehr wichtige Erfahrung und eine Bestätigung, dass wir Künstler zum Volk gehören. Wir machen Kunst durchs Volk fürs Volk, so hat es Falco immer ausgedrückt. Es gibt ja Künstler, die so künstlich daher kommen, die nur in eine Kunstblase zu existieren scheinen, die gar nicht echt sind. Wir haben die Wahrheit siegen lassen.

In der österreichischen Talkshow „Club 2“ sorgt Nina Hagen 1979 für einen Skandal, als sie sehr plastisch erklärt, wie der weibliche Orgasmus funktioniert.

Die Diskussion entstand deswegen, weil dort ein sehr obeser Mann saß, von irgendeiner soziologischen Fakultät, der über die Orgasmusschwierigkeiten der Weiber gelästert hat. Was ich gemacht habe, war Sexualkunde. Das hatte weder etwas Obszönes noch etwas Pornografisches. Hebammen haben mich später für diese Aktion gelobt, sie haben mir bestätigt, dass eine freie Sexualität bei der natürlichen Geburt sehr nützlich ist, weil man sich so viel besser öffnen und loslassen kann. Es hatte nichts mit Emanzipation zu tun, sondern mit Freiheit, mit Wahrheit, mit Göttlichkeit und mit Liebe.

Im Jahr 1979 lernt Nina während ihrer Zeit in Amsterdam Ferdinand Karmelk kennen, den späteren Vater ihrer Tochter Cosma Shiva.

Natürlich war Ferdinand eine große Liebe. Doch meine wahre Liebe ist und bleibt Jesus Christus. Meine erste Liebe auf Erden war mit einem Mann, der Thomas Fuhrmeister hieß. Doch der hat mich schon nach zwei Wochen wieder verlassen, mit den Worten „Ich hab dich lieb, doch nicht so lieb, dass ich dich morgen auch noch lieb habe.“ Ferdinand allerdings war eine große Liebe. Ich habe ihn damals in Amsterdam kennengelernt, ein ganz lieber Mensch, ein genialer Musiker, doch er wurde vom Heroin zerfressen. Wir hatten alle versucht ihm zu helfen, doch er ist sehr früh gestorben.

In der Sendung „Menschen bei Maischberger“ zum Thema „Ufos, Engel, Außerirdische – sind wir nicht allein?“ im Jahr 2007 äußert Nina Hagen Mitgefühl für von Außerirdischen entführte Menschen und spricht von satanischem Einfluss in der Welt. Wissenschaftsjournalist und TV-Moderator Joachim Bublath verlässt daraufhin die Sendung.

Ich musste mich wegsetzen von diesem Mann, mir wurde körperlich kalt, richtig kalt, mit Gänsehaut, Zähneklappern und allem. Ich habe mich neben diesen lieben Herren gesetzt, ich weiß nicht mehr, wie er heißt. Herr Bublath ist dann an der Stelle aufgestanden, als wir über dämonische Mächte gesprochen haben, da wurde es ihm zu brenzlig. Ich habe den Bublath gefragt, ob er an Gott glaubt. Darauf wollte er nicht antworten. Das finde ich verdächtiger, als wenn jemand Nein sagt. Wenn einer nicht sagen kann, woran er glaubt, was ist das dann für ein Mensch? Der ist doch unglaubwürdig!

Durch regelmäßige Aufenthalte in Indien kommt Nina Hagen mit indischer Mythologie in Kontakt.

Ich habe lange an diesen Guru geglaubt, der von sich behauptet, dass er mit Jesus Christus gemeinsam die Menschheit rettet, der auch von sich behauptet, er sei der Meister der Meister und der König der Könige, der sich auch Shiva nennt und sich anbeten lässt wie einen Gott. Ich habe dann irgendwann erkannt, dass Shiva ein ganz cleverer Widersacher Gottes ist, der ganz viel Wahrheit von Gott geklaut hat. Wir mussten jeden Tag 24 Stunden beten, an Ritualen teilnehmen, Rechts- und Linksdrehungen einhalten, okkulte Mantras runterrasseln, sonst ist Gott Shiva ganz doll sauer auf dich. Ich bin mit offenem Herzen dort hin und bereue es nicht, schließlich musste ich erkennen, was dort gespielt wird. Zum Beispiel dürfen schwarzhäutige Hindufrauen nicht in den Hindutempel. Hindus, die nicht in einen Tempel dürfen?! Sehr merkwürdig.