Ton Steine Scherben – Agitrockband aus Berlin


Maschinen stop. Streikt bis zum Sieg. Wir werden kämpfen und uns gehört die Fabrik...

Diese Worte sind ein Auszug aus der ersten Platte der Berliner Agitrockband Ton Steine Scherben. Wer verbirgt sich hinter diesem ungewöhnlichen Namen? Ton Steine Scherben sind vier Jungen, die seit einem knappen Jahr zusammen Musik machen. Musik jedoch, die nichts mit dem herkömmlichen Sinne des Wortes gemeinsam hat. Es handelt sich hier nämlich um eine Art von Musik, wie sie noch von keiner anderen deutschen Formation produziert worden ist.

Die vier Berliner machen Musik, die weder schön, noch vollkommen ist. Und dies geschieht mit voller Absicht. Ralph Möbius (Vocals, Rhythmusgitarre), Ralph Steitz (Leadgitarre), Kai Sichter (Bass) und Wolfgang Seidel (Drums) sehen die Musik vielmehr als Ausdrucksmöglichkeit und was einem da aus den Lautsprechern entgegendringt hat tatsächlich eine so intensive Aussagekraft, dass das Nachdenken gar nicht ausbleiben kann. „Macht kaputt, was Euch kaputt macht“ / „Wir streiken“ heisst die Scheibe, die von der Gruppe selbst vertrieben wird und von der die erste Auflage (3000 Stück) bereits innerhalb von 14 Tagen vergriffen war, obwohl sie nicht über den Schallplattenhandel erhältlich war. Wohl eine Meisterleistung, wenn man bedenkt, dass vor ein paar Monaten noch kein Mensch von Ton Steine Scherben gehört hatte. Die Songs der Gruppe entstehen im Kollektiv. Ralph Möbius singt mit seiner beileibe nicht schönen aber umso agressiveren Stimme die deutschen Texte derartig eindrucksvoll, dass es einen vom Stuhl haut.

Dabei sind weder Ton noch Technik perfekt. Aber das spielt bei dieser Scheibe auch gar keine Rolle. Die Texte setzen sich mit den politischen Verhältnissen im Wirtschaftswunderland Deutschland und insbesondere mit der Situation der Arbeiterschaft auseinander. Jedoch bekommt man hier nicht, wie bei so vielen anderen Gruppen, das Gefühl, dass es sich bei den Musikern um „Möchtegern-Politiker“ handelt. Was man hört klingt laut, ehrlich, umwerfend revolutionär und so gar nicht professionell. Dem Text nach eher wie ein altes Arbeiterlied, das nur durch die Musik – progressive rock einen zeitgemässen Anstrich bekommen hat. Eine einzige Anklage gegen die Bourgeoisie, gegen die satten Bürger, die in Pantoffeln vor ihrem Fernseher hocken und die Realität an sich vorbeiziehen lassen. Schade nur, dass gerade diese Leute die Platte vermutlich niemals hören werden.

Der erste öffentliche Auftritt der Gruppe ging auf dem Popfestival Fehmarn über die Bühne. Weiterhin spielten sie unter anderem in der alten Mensa der Technischen Universität Berlin auf einer Veranstaltung deren Repertoire auch Filmvorführungen beinhaltete. Sie sorgten für die musikalische Begleitung zu dem Fernsehfilm „Fünf Finger sind eine Faust“ und produzierten außerdem eine halbstündige Sendung für’s ZDF.

Ton Steine Scherben sind eine Gruppe, in die wir die allerhöchsten Hoffnungen setzen. Wer weiß, vielleicht gelingt es ihnen sogar, mit ihrer Musik die immer noch Schlafenden aus ihrer Apathie zu locken…