Und jetzt alle: let’s dance


Disco, komm bald wieder. 14 Jahre nach „Le Freak“ sind Nile Rodgers und Bernard Edwards wieder tod-Chic.

Freak out, Freak in: „Dance Dance Dance“. „Le Freak“, ,.I Want Your Love“, „Good Times“‚ — die tanzverschwitzten Diolen-Glitterhemden der Siebziger Jahre gingen zum großen Teil auf ihr Konto: Chic. Mit elegantsparsamen Arrangements, mächtigen Grooves und gutgelaunten Party-Texten schrieben sie Disco-Geschichte und fanden gar bei etlichen (tanzunbegabten) Kritikern Gnade. Die Chic-Chefs Nik Rodgers und Bernard Edwards etablierten sich damit nebenbei auch als einflußreiche Black-Music-, Pop- und Rock-Produzenten. Weise Voraussicht, denn als Produzenten konnten sie auch dann noch ihre Brötchen verdienen, als sich Chic Anfang der 80er Jahre beim Abflauen der Disco-Welle von der Szene verabschiedeten. Nachdem sie schon zu Chic-Zeiten als Produzenten-Team mit Sister Sledge, Diana Ross und Debbie Harry Erfolg hatten, arbeiteten Rodgers/Edwards in den 80er Jahren vorwiegend getrennt. Nile Rodgers produzierte eine der besten Madonna-LPs (LIKE A VIRGIN) und verhalf David Bowie mit „Let’s Dance“ zu seinem letzten großen Hit. Bernard Edwards kümmerte sich währenddessen um Pop-Acts wie Power Station.

Nach langjähriger Pause griffen Rodgers/Edwards nun wieder mal gemeinsam zu Gitarre und Baß. Nile Rodgers hatte bei einer Geburtstagsfeier alle Musiker, die je an Chic beteiligt waren, zu einer lockeren Jam-Session eingeladen. „Es war überwältigend, iwch so langer Zeit wieder mit meinem besten Freund auf der Bühne zu stehen“, erinnert sich Nile Rodgers an den Beginn der Wiedervereinigung.

„Und da die Kids genauso gut wie früher mitgingen, entschlossen wir uns einfach, es noch einmal zu versuchen!“

Beim Songschreiben stellten die beiden Vollblutmusiker jedoch fest, daß sie irgendwie den Anschluß an die aktuelle Dance-Music verloren hatten.

„Alles, was wir uns zunächst ausdachten, klang in unseren Ohren furchtbar altmodisch. Wir nahmen also wie alle anderen auch Computer zu Hilfe — und das wiederum klang nicht nach Chic“, erinnert sich Nile an die Suche nach dem Chic-Sound für die ’90er Jahre. Bernard ergänzt: „Zu Beginn bauten wir in unsere Musik sogar etwas Rap ein, aber auch dabei hauen wir kein gutes Gefühl. Nach einem Jahr der Vorbereitung fingen wir wieder von vorn an und entschieden, daß wir einfach im alten Chic-Stil weitermachen würden!“

Das Resultat, die brandneue LP CH1CISM, vereint die besten Elemente aus drei Dance-Jahrzehnten: Disco-Streicher der 70er Jahre, ökonomisch eingestreute Hip-Hop-Sound-Effekte der 80er Jahre und Funk mit der Intensität der 90er Jahre.

Eigentlich kein Wunder, bei der Erfahrung: Mit dem fünf Millionen Mal verkauften „Good Times“ bescherten sie ihrem Label Atlantic Records die erfolgreichste Single der Finnengeschichte. Und einen Evergreen mit Langzeitwirkung — der Chic-Song diente der Sugar Hill Gang als Grundlage ihres“.Rappers Delight“-Hits, Queen nutzte den „Good Times“-Groove für „Another One Bites The Dust“, und auch heute noch taucht der Titel immer mal wieder als Hip-Hop-Sample auf.

Irgendwann Anfang der 80er Jahre endete jedoch Chics Hit-Serie. Nile Rodgers‘ Erklärung: „Wenn man großen Erfolg hat, passieren merkwürdige Sachen: Das Publikum beginnt sich zu langweilen, weil sie dich zu häufig sehen, oder sie werden eifersüchtig — oder dein Zeug selbst ist schlecht!“

Jetzt sind genug Jahre verstrichen, um es noch einmal mit dem alten Chic-Sound zu versuchen, der in den Ohren der jüngeren Tanzboden-Gänger schon wieder frisch klingen dürfte. „Wir beide hatten das Glück, mit band-orientierten Produktionen Erfolg zu haben“, betonen die beiden den ihrer Meinung nach großen Vorteil, den sie den aktuellen Dance-Poduzenten gegenüber haben — die Fähigkeit zur Teamarbeit mit „echten“ Musikern: „Unsere Songs starten meistens so, daß um ein Titel einfällt und wir uns dann mit Gitarre und Baß ein paar Akkorde dazu ausdenken. Die Rhythm-Tracks nahmen Nile, ich und der Drummer zusammen auf, erläutert Bernard Edwards.

Er ist sich sicher, daß sich gerade in der heutigen Dance-Music Handarbeit wieder auszahlt: „Schon n/.v Chic zum ersten Mal herauskam, waren wir anders als der Rest der damaligen Disco-Musik. Das ist wahrscheinlich heule noch so. und wir wollen auch gar nicht wie der Rest klingen. “ Auch Nile setzt auf Risiko: „Falls sich CHICISM nicht verkaufen sollte, zeigt es uns, daß wir Opfer der Zeit geworden sind. “ Jetzt kann er sich das Grinsen nicht mehr verkneifen: „Oder es liegt daran, daß wir einfach schlechte Songs geschrieben haben.“