Zeltinger – Hamburg, Markthalle


Ein Urkölner Abend stand zu erwarten, denn im Vorprogramm des Szenen-Unikums rockte „Knall“, eine Band, die ebenso wie Zeltinger von Arno Steffen produziert wird. Als der Mann des Abends schließlich selbst die Bretter bestieg, gab’s für die angeblich so unterkühlten Hanseaten kein Halten mehr. Der skurrile Mann vom Rhein präsentierte sich dennoch bei der ersten Nummer‘ anders als erwartet. Hinter einem schwarz-rot-gold bespannten Rednerpult baute er sich auf und lieferte „Knochen“ in Form einer Bundestagsrede ab. Nach getaner Demagogentätigkeit aber flogen dann wie erhofft die Fetzen. Von neuen Nummern wie „Nie Diät“, „Leck Mich“, „Vagabund“ und „Mallorca, Sommer, Sonne, Herzinfarkt“ bis hin zu älteren Highlights Marke „Müngersdorfer Stadion“, „Entzug“, „Asi mit Niveau“ oder „Exebitionist“ zog das rheinische Monster erfolgreich sämtliche Register. Neben den schon klassischen Abräumern schlugen die kuriosen Akustiknummern der Plaat fast noch stärker ein, dnn bei ihnen konnte auch der verdutzte Nicht-Kölner die lyrischen Finessen mehr als nur ahnen. Sowohl der „Tuntensong“ als auch das „Studentenlied“ von der letzen LP standen in Hamburg auf dem Programm. Der besondere Gag: Beim „Tuntensong“ wurd’s zumindest für einen Konzertbesucher Ernst, denn es ist schon fast Tradition geworden, daß einer aus dem Publikum von Jürgen Zeltinger auf die Bühne geholt wird. Die Balken der ausverkauften Markthalle bogen sich unter dem Gelächter der Fans. Die Zugabe schließlich absolvierte der kahle Kölner nur noch mit Strapsen und Slip bekleidet. Der Zeltinger Band ist das gelungen, woran spontan entstandene Äcts in aller Regel sehr bald wieder vor die Hunde gehen: Sie haben sich Originalität bei zwangsläufig steigender Professionalität erhalten können – zwar abgewandelt und musikalisch kompakter, aber immer noch lebendig sowie unberechenbar. Die Plaat, dieses typische Kölner Straßenprodukt, ist in der Lage, an einem guten Abend jede deutsche Band an die Wand zu spielen. Eine arg gewagte These? Keineswegs, Hamburg hat es nachdrücklich bewiesen.