Liz Phair – Somebody’s Miracle

Es gab eine Zeit, da war sie der heißeste Feger im alternativen Rockzirkus: Liz Phair aus Chicago, die mit ihrem ’93er Debüt Exile In Guyville zum Oswald Kolle des LoFi wurde. „Wenn du mich von hinten nimmst, können wir zusammen fernsehen“, lautete die Textzeile, die sie schlagartig berühmt machte. Liz Phair war die Lichtgestalt junger Singer/Songwriterinnen, öffnete die Türen für Alanis Morissette, Fiona Apple und Avril Lavigne – und blieb dabei selbst auf der Strecke. Vielleicht, weil sie die hohen Erwartungen an ihren ’94er Zweitling Whip-smart gar nicht erfüllen konnte. Vielleicht aber auch, weil sie sich irgendwann für den Mainstream, für Ehe, Kinder, Major-Label und netten Pop-Rock entschieden hat. Dummerweise wartet sie noch immer auf den großen kommerziellen Durchbruch, den Überhit und das Erfolgsalbum. Da ist die 38jährige absolut konstant. Sie veröffentlicht in schöner Unregelmäßigkeit Alben, die von einer treuen Fangemeinde gefeiert werden, spielt in mittelgroßen Theatersälen in den USA und glänzt im Rest der Welt durch Abwesenheit. Eine Nischenkünstlerin, die auf ihrem fünften Werk aber scheinbar alles auf eine Karte setzt, um doch noch den Anschluß an die Charts zu finden. Denn auf Somebody’s Miracle erfüllt sie vor allem den Traum ihrer amerikanischen Plattenfirma, nicht aber den des Publikums. Die 14 Songs, die sich fast 60 Minuten durch den Player quälen, sind pflegeleichter Pop-Rock, wie ihn selbst Sheryl Crow bissiger und besser hinbekommt: Fluffiger 70s Retro mit Anleihen bei Fleetwood Mac und Heart, ein paar dreckigen Stones-Riffs und jeder Menge akustischer Gitarren. Alles nett und unverfänglich, aber weder originell noch zwingend. Somebody’s Miracle läuft so durch und kultiviert gediegene Langeweile. Da helfen nicht einmal frivole Texte übers Fremdgehen („Leap Of Innocence“) – Liz ist ein Fall für „Desperate Housewives“. Eine Serie, an deren Soundtrack sie auch (mit-)komponiert.

www.lizphair.com